Labels

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Vermietung von Eigentumswohnungen: Welche Unterlagen sollte der Mietbewerber vorlegen?

Bei der Vermietung kommt immer wieder die Frage auf, welche Unterlagen von einem Mietinteressenten vor Abschluss eines Mietvertrages verlangt werden sollten. Bei der Bonitätsprüfung eines Mietinteressenten geht es in erster Linie um die Frage, ob der Bewerber voraussichtlich in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nachzukommen. Hier einige Anhaltspunkte: 1) Personalausweis, 2a) bei Arbeitnehmernmindestens 3 aktuelle Einkommensbescheinigungen , 2b) bei Selbständigen die letzten beiden Einkommenssteuerbescheide und ein Testat des Steuerberaters über das Einkommen des laufenden Jahres, 2c)bei Sozialmietern der Bescheid des Amtes, dass genau diese Wohnung mit genau dieser Miete und Nebenkosten und die Kaution bezahlt wird, 3) Mietschuldenfreiheitsbescheinigung des Vorvermieters. 4) Schufa, Creditreform o.ä. 5) Selbstauskunft des Mieters zu 1 Personalausweis: Stellen Sie sicher, mit wem Sie es zu tun haben. Nur wenn sicher ist, dass der Mieter auch der ist, für den er sich ausgibt, können Sie ggf. auch rechtliche Schritte gegen ihn einleiten. Bereits mehr als einmal stellte sich erst im Räumungsprozess heraus, dass der Mieter gar nicht so heißt wie der Vermieter dachte - und dann beginnt das Problem: Ohne richtigen Namen des Mieters kann man ihn nicht verklagen. Theoretisch kann man die Polizei zur Identitätsfeststellung holen - aber wenn der Mieter dann gerade nicht da ist. Wenn der Gerichtsvollzieher Zweifel an der Identität des Räumungsschuldners hat, dann bricht er die Räumung ab. Dies ist einem Mandanten schon einmal passiert, als er sich um einen Buchstaben verschrieben hatte! Achten Sie aus dem selben Grund darauf, dass der Mieter selbst den Mietvertrag vor Ihren Augen unterschreibt. Gerade in diesem Sommer kam es in meiner Kanzlei vor, dass der Mieter im Prozess behauptete, er habe den Mietvertrag gar nicht unterschrieben (sondern sein Untermieter). Das bereitet dem Vermieter extreme Probleme seine Ansprüche durchzusetzen. Vor Gericht geht es nicht um die Räumung einer Wohnung, sondern um die Verpflichtung einer bestimmten Person, die Wohnung zu räumen!!! zu 2 Bonitätsnachweise: Der Mieter MUSS Unterlagen im Original vorlegen, aus denen der Vermieter entnehmen kann, dass der Mieter nach aller Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, die Miete und die sonstigen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis zu bestreiten. Erfahrungsgemäß sollten Miete und Nebenkosten 40% des GESICHERTEN Nettoeinkommens (nach allen Steuern und Abzügen) nicht übersteigen. Wenn es für den Mieter schon im Alltag eng wird, dann ist die nicht gezahlte Miete wegen Urlaub und Weihnachten fast sicher. Gesichert ist ein Einkommen aber nur, wenn zumindest die Probezeit abgelaufen ist, die gemäß § 622 Abs.3 BGB max. 6 Monate beträgt. Schwieriger ist es bei Selbstständigen. Hier sollte darauf bestanden werden, dass die letzten beiden Einkommenssteuerbescheide und ein Testat des Steuerberaters über das Einkommen des laufenden Jahres vom Mieter vorgelegt werden. Viele Mieter empfinden das als Eingriff in Ihre persönlichen Belange, aber ein Hausverwalter, der sich jetzt blenden lässt, der kann leicht in die Haftung geraten. Gleichwertige Bonitätsnachweise wie z.B. der Nachweis über freie, unverpfändete Bankguthaben (Aufpassen! Wirklich alleiniges, freies Vermögen des Interessenten???) sind natürlich möglich. Bei Sozialmietern muss es einen Bescheid des Amtes geben, dass genau diese Wohnung mit genau dieser Miete und Nebenkosten und auch die Kaution bezahlt wird. In Zeiten leerer Kassen sollte man nicht darauf vertrauen, dass das Amt auch wirklich zahlt. Unbedingt darauf achten, dass such die Kaution übernommen wird, die wird sonst nicht gezahlt! Lassen Sie sich nie darauf ein, dass ja die Frau oder die Eltern vermögend sind. Dann müssen die auch den Mietvertrag mit unterschreiben. Akzeptieren Sie keine Bürgschaften, diese sind laut BGH im Regelfall bei Wohnungen unwirksam!!! (Siehe hierzu mein Fachartikel in diesem Forum!). zu 3 - Mietschuldenfreiheitsbescheinigung: Es mag erstaunlich sein, aber Querulanten haben eine Geschichte - und zeichnen sich meist durch Streit mit dem Vorvermieter aus. Aus meiner Praxis kann ich mit Sicherheit sagen, dass eine aktuelle Mietschuldenfreiheitsbescheinigung von keinem Mietinteressenten vorlag, den ich später geräumt habe. Gerade hier wird oft gelogen und gefälscht. Unbedingt auf Originale bestehen, wenn Ihnen etwas komisch vorkommt, dann rufen Sie beim Vorvermieter an. Ein guter Anhaltspunkt dafür sind aktuelle Einkommensnachweise bei Arbeitnehmern oder Steuerbescheide zusammen mit Steuerberatertestaten bei Selbständigen. Aus diesen Informationen wird das laufende Einkommen belegt. Zu 4. – Schufa, Creditreform und Co. Nicht überbewerten sollte man die Aussagen der Schufa, von Creditreform und ähnlichen Wirtschaftsinformationsdiensten: Die beliebte Feststellung dieser Firmen, dass „ausschließlich positive Informationen“ vorlägen, heißt gerade nicht, dass der Bewerber solvent ist. Nur wenn ausdrücklich etwas Negatives in der Auskunft dargestellt ist, dann kann und sollte dies Einfluss auf die Bewerberauswahl haben. Warum dies so ist wird deutlich, wenn man sich überlegt, welche Daten die Schufa oder Wirtschaftsauskünfte über nicht bilanzpflichtige Personen sammeln. Über normale Berufstätige Kleinunternehmer oder Freiberufler speichern Schufa, Creditreform und Co. Im Allgemeinen nur die Schulden einer Person und Verstöße gegen vertragliche Zahlungspflichten, jedoch keine Angaben zu deren Aktiva und dies auch nur von Geschäftsfällen aus Deutschland. Wer außerhalb Deutschlands tätig ist und keine Schulden in Deutschland hat, wird nicht erfasst. Die Aussagefähigkeit der Schufa-, Creditreform- und ähnlicher Daten zur Liquidität des Mieters ist also eher gering und sollte auch im Allgemeinen nicht besonders hoch bewertet werden. Im Zuge einer Untersuchung der Stiftung Warentest für deren Zeitschrift „Finanztest“ ergab sich bereits im Jahre 2003, dass ca. 69% der Daten unvollständig, veraltet oder falsch waren (vergl. „Schufa: Dürftiges Ergebnis“, Finanztest 4/2003). Für den Vermieter mögen Schufa, Creditreform und Co. gute Ergänzungen bei der Bewerberauswahl sein, gerade eine „saubere Information“ ohne Einträge macht den Bewerber nicht zu einem guten Mieter. Zu 5. – Mieterselbstinformation: Einen guten Überblick biete die Mieterselbstinformation. Bereiten Sie ein Formular vor, in dem Sie den Mieter um Auskunft bitten, wer er ist, wer in die Wohnung mit einziehen soll, ob Haustiere vorhanden sind, wo er Arbeitet, wieviel er verdient, warum er die Wohnung wechseln möchte, wo er vorher gewohnt hat, ob er die Eidesstattliche Versicherung abgegeben hat oder in den letzten Jahren Sozialleistungen bezogen hat. Der Wahrheitsgehalt dieser Information ist oft gering, aber gibt ggf. Anlass für weitere Nachfragen. Bitte beherzigen Sie diese Hinweise. Wenn der Mieter erst einmal den Schlüssel hat, kann es lange dauern, bis zu einem Räumungstermin! Vertrauen Sie auch nicht darauf, dass bei einer Fäslchung oder einem nachgewiesenen Betrug die Polizei kommt und den Mieter gleich mitnimmt (das ist mir für meinen Vermietermandanten aber ein einziges Mal gelungen). Beste Grüße aus Berlin Wenderoth Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht Verbandsjurist des bvfi Dieser Beitrag spiegelt eine private Rechtsauffassung dar, die auf die fast 20jährige Berufserfahrung des Verfassers gestützt wird. Weitere interessante Informationen zum Mietrecht auf unserem Blog: http://hausverwaltung-berlin.blogspot.de/

Freitag, 18. Oktober 2013

Der Inhalt und die Berichtigung von Protokollen der Eigentümerversammlung:

Der Inhalt und die Berichtung von WEG Protokollen der Eigentümerversammlung:
Der Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung ist oftmals Anlass vieler Streitigkeiten. Was muss die Niederschrift enthalten, was darf sie enthalten und können der Beirat oder einzelne Eigentümer rechtmäßig Änderungen einfordern. Das Wohnungseigentumsgesetz enthält in § 24 Abs.6 nur rudimentäre Regelungen, es heißt dort:
„Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen.“
Nach Rechtsprechung und Literatur muss das Protokoll das „ob und wie“ der Beschlussfassung enthalten. Neben dem Wortlaut der Beschlüsse sind auch solche Voraussetzungen zu beurkunden, die für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Beschlusses und seines ordnungsgemäßen Zustandekommens von essentieller Bedeutung sind (Elzer in Jennißen, Kommentar zum WEG, 3.Aufl., § 119, Rn 119, 122). Dies bedeutet, dass die Niederschrift zumindest den Ort und den Zeitpunkt der Versammlung, die Feststellungen des Vorsitzenden zur Beschlussfähigkeit, die Beschlüsse im genauen Wortlaut, das exakte Abstimmungsergebnis sowie die Verkündung des Beschlusses enthalten muss (vergl. Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 3.Aufl., S.516; Merle in Bärmann, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz, 11. Aufl., § 24, Rn 109; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG-Kommentar, 10.Aufl., § 24, Rn 66). Darüber hinausgehende Protokollinhalte sind zwar grundsätzlich zulässig, stehen aber allein im Ermessen des Versammlungsleiters/Protokollführers (Elzer in Jennißen, a.a.O., Rn 120). Nach der Teilungserklärung kann jedoch eine umfassendere Verpflichtung zur Protokollierung des Versammlungsablaufs im Einzelfall vereinbart sein (vergl. BayObLG vom 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, ZMR 2004, 443). Auch ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn der Protokollant über den Mindestinhalt hinausgehende Inhalte in der Niederschrift aufnimmt (Elzer in Jennißen, a.a.O., Rn 120).
Nach der Rechtsprechung kann die Änderung des Protokolls nur in Ausnahmefällen von den Versammlungsteilnehmern verlangt werden (OLG Hamm vom 25.4.1989 - 15 W 353/87 - OLGZ 1989, 314 (316)). So ist es regelmäßig nicht ermessenfehlerhaft, wenn nicht alle Redebeiträge in der Niederschrift wiedergegeben werden (BayObLG vom 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, ZMR 2004, 443 (444)). Es ist nicht die Aufgabe der WEG-Versammlungsniederschrift, alle nicht anwesenden Eigentümer über alle Diskussionsbeiträge zu unterrichten (BayObLG vom 5.12.1989 – 2Z 121/89 -WuM 1990, 173; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG-Kommentar, 10.Aufl., § 24, Rn 66). Ausnahmsweise kann eine Ergänzung jedoch im Einzelfall geboten sein, wenn nur mit der Ergänzung die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung erreicht werden, z.B. um eine eindeutig drohende Missdeutung des Beschlussergebnisses zu verhindern (vergl. OLG Hamm vom 25.4.1989 - 15 W 353/87 - OLGZ 1989, 314 (316); Elzer in Jennißen, a.a.O., Rn 120).
Jeglicher Protokollinhalt muss jedoch die Grundsätze der Richtigkeit, Unparteilichkeit und Verhältnismäßigkeit wahren (Elzer in Jennißen, a.a.O., Rn 121). Jedoch führt nicht jede nachgewiesene Unrichtigkeit des Protokolls zu einem Korrekturanspruch; dies ist nur dann gegeben, wenn ein Eigentümer dadurch rechtswidrig beeinträchtigt wird oder eine rechtlich erhebliche Willenserklärung falsch beurkundet wurde (KG vom 20.3.1989 – 24 W 3239/88 - MDR 1989, 742; BayObLG vom 5.12.1989 – 2Z 121/89 -WuM 1990, 173; Merle in Bärmann, a.a.O., Rn 125). Insbesondere bei strafrechtlich relevanten falschen Protokollinhalten oder solchen, die das Persönlichkeitsrecht rechtswidrig beinträchtigen wird ein Berichtigungsanspruch daher bejaht (BayObLG, a.a.O.; LG Hamburg vom 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664).
Weist das Protokoll Fehler auf, können diese ohne Einhaltung von Fristen durch die Unterzeichner des Protokolls gemeinsam berichtigt werden, nicht jedoch vom Verwalter allein oder auf Grund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung (Elzer in Jennißen, a.a.O. Rn 137; BayObLG vom 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952). Enthält das Protokoll nicht den gesetzlichen oder nach der Gemeinschaftsordnung vorgeschriebenen Mindestinhalt, so sind die getroffenen Beschlüsse im Allgemeinen nur anfechtbar, nicht jedoch nichtig (BGH vom 3.7.1997 - V ZB 2/97 - NJW 1997, 2956); der Mangel kann aber noch im gerichtlichen Verfahren behoben werden (OLG München 07.08.2007 - 34 Wx 3/05 ZMR 2007, 883). In welcher Frist und welcher Form ein Berichtigungsanspruch geltend zu machen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Teile der Rechtsprechung (OLG Hamm vom 24.1.1985 - 15 W 450/84 – MDR 1985, 502; KG vom 6.6.1990 – 24 W 1227/90 – WuM 1990, 363) halten in einem solchen Fall die Monatsfrist der Anfechtungsklage für maßgeblich während andere (Merle in Bärmann, a.a.O., Rn 130; Sullmann in Jennißen, a.a.O., § 46 WEG, Rn 74f. ) eine einen unbefristeten Berichtigungsanspruch für richtig halten.  Nach der hier vertretenen Ansicht sind Mängel in der Beschlussfassung, also hinsichtlich des Wortlauts oder des Zustandekommens, aus Gründen der Rechtssicherheit und der Bindungswirkung für Dritte (§ 10 Abs.4 WEG) innerhalb der Monatsfrist im Rahmen einer Anfechtungsklage geltend zu machen. Dagegen kann die Berichtigung aller fakultativen Bestandteile des Protokolls, insbesondere ehrverletzende Äußerungen fristfrei verlangt werden. In diesem Falle richtet sich der Anspruch gegen die Unterzeichner des Protokolls; Grundsätzlich hat jede Berichtigung den Eigentümern mitgeteilt zu werden(Kümmel, a.a.O., Rn 74f.).
Als Fazit ist festzuhalten, dass die Niederschrift grundsätzlich nur der Information über den Inhalt (genauer Wortlaut) und über das Zustandekommens von Beschlüssen der Eigentümerversammlung vermitteln muss. Hinsichtlich darüber hinausgehender Inhalte wird dem Versammlungsleiter, zumeist der Verwalter, von der Rechtsprechung ein weites Ermessen eingeräumt. Eine Änderung des Protokolls kommt nur in Betracht, wenn dessen Fortbestand zu untragbaren Ergebnissen führt. Wird die Berichtigung eines Beschlusstextes oder der der Beschlussfassung zu Grunde liegenden Formalien verlangt, so sollte aus Sicherheitsgründen die Monatsfrist der Anfechtungsklage eingehalten werden

Samstag, 14. September 2013

Prozesskostenverteilung in der Jahresabrechnung

Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt oder einzelne Eigentümer einen Gerichtsprozess verloren haben, stellt sich zumeist im Folgejahr die Frage, wie die Prozesskosten im Rahmen der Jahresabrechnung zu verteilen sind. Insbesondere wenn die obsiegenden Eigentümer über die Jahresabrechnung an den Kosten des Verfahrens beteiligt werden sollen, ist neuer Streit vorprogrammiert. Leider scheinen viele WEG-Verwalter mit der Verbuchung von Prozesskosten und deren Verteilung in der Jahresabrechnung überfordert zu sein. Dabei hat hierzu bereits im Jahre 2007 der Bundesgerichtshof die Jahrzehnte alte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bestätigt.
Grundsätzlich sind zwei Arten von gerichtlichen Verfahren der WEG zu unterscheiden:
1.       Gemeinschaft hat ein Verfahren als „WEG“ also als Verband geführt, der Gegner war z.B. ein Dritter (Handwerksfirma, Verwalter u.s.w.).
2.       Die Eigentümer streiten untereinander (Binnenrechtstreit, z.B. eine Anfechtungsklage)
Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.3.2007 (- V ZB 1/06 - NZM 2007, 358) klar gestellt hat, müssen die Kosten eines Rechtsstreits stets so verteilt werden, wie das Gericht es im Urteil oder Beschluss angeordnet hat respektive entsprechend der vereinbarten Kostenquote in einem Vergleich (OLG Köln vom 22.08.2008, Az:16 Wx 228/07, ZMR 2009, 311); dort festgestellte Kostenquoten sind grundsätzlich vorrangig gegenüber dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel, der sich auch § 16 Abs.2 WEG oder der Teilungserklärung ergibt.
Wenn die WEG insgesamt den Prozess geführt hat dann ist sie selber Kläger oder Beklagte und nicht die einzelnen Eigentümer. In diesem Fall werden die Kosten entsprechend § 16 Ans.2 WEG respektive der allgemeinen Anweisung in der Teilungserklärung verteilt. Darunter fallen alle Streitigkeiten mit Dritten, an denen die Eigentümergemeinschaft selbst oder sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam und mit gleichem Ziel beteiligt sind aber auch Streitigkeiten zur Verfolgung von gemeinschaftlichen Hausgeld- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer. Letztere betreffen zwar das Innenverhältnis der Eigentümergemeinschaft, fallen aber in den Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung (so ausdrücklich BGH vom 15.3.2007 - V ZB 1/06 - NZM 2007, 358). Hierher gehören auch Rechtsstreite gegen den (ehemaligen) Verwalter oder Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 WEG.
Wenn die Eigentümer in einem Binnenrechtsstreit aber untereinander streiten und einige Eigentümer gewinnen während andere verlieren, dann dürfen nur die Verlierer mit den Kosten des Rechtsstreits in der Jahresabrechnung belastet werden. Ausdrücklich fordert der Bundesgerichtshof, dass Konflikte innerhalb der Eigentümergemeinschaft nie auf Kosten aller Wohnungseigentümer ausgetragen werden dürfen (BGH vom 15.3.2007 - V ZB 1/06 - NZM 2007, 358). Nach gerichtlichen Kostenregelung im Urteil haben die Kosten des Verfahrens entweder genau benannte Eigentümer zu tragen oder aber die „übrigen Eigentümer der WEG mit Ausnahme des Klägers“. Diese Kostenregelung betrifft zwar in erster Linie  die Erstattungspflicht im Prozessrechtsverhältnis der beteiligten Streitparteien und nicht die Kostenverteilung im Innenverhältnis der Eigentümergemeinschaft. Soweit allerdings – durch das Gericht eine Kostenerstattung zugunsten einzelner Wohnungseigentümer bestimmt wird, ist diese Entscheidung bzw. Regelung auch für das Innenverhältnis der Eigentümergemeinschaft maßgebend. Die gerichtliche Kostenentscheidung oder eine Prozessparteien im Vergleichswege getroffene Kostenregelung hat deshalb immer Vorrang. Die Kosten eines Verfahrens dürfen nur auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden, die nach der gerichtlichen Regelung Kostenregelung zu tragen haben (BGH vom 15.3.2007, Az: V ZB 1/06, NZM 2007, 358 ff).
Insbesondere wenn der Verwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis nach §27 Abs.2 Nr. 2 WEG einen Rechtsanwalt für die Beklagten Eigentümer eines Anfechtungsprozesses mandatiert (vergl. LG Karlsruhe vom 7.8.2012 - 11 S 180/11 – ZMR 2013, 376) und aus dem Gemeinschaftsvermögen bezahlt, stellt sich die Frage, wie diese Kosten in der Jahresabrechnung zu verbuchen und zu verteilen sind. Nach dem OLG Köln (vom 22.08.2008 - Az:16 Wx 228/07 - ZMR 2009, 311) sind diese Kosten in die Jahresabrechnung und die jeweiligen Einzelabrechnungen einzustellen sind; die Verfahrenskosten dürfen in den Einzelabrechnung jedoch nicht nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel umgelegt werden, sondern nur mit einem besonderen Verteilungsschlüssel, der der gerichtlichen Kostenentscheidung entspricht. Wer den Rechtsstreit gewonnen hat und deshalb keine Kosten zu tragen hat, darf auch in der Einzelabrechnung nicht mit Kosten des Rechtsstreits belastet werden.

Muss der Bauträger/Verkäufer dem Erwerber Pläne und Bauunterlagen übergeben?

Der Erwerber einer Eigentumswohnung, insbesondere wenn diese erst auf Grund eines Bauträgervertrages errichtet wurde, meint zumeist auch einen Anspruch auf Herausgabe der Bauunterlagen erworben zu haben. Oftmals weigert sich der Verkäufer jedoch oft z.B. die Gebäudepläne, Ausführungspläne technischer Anlagen, Baugenehmigung, technische Dokumentationen oder Wartungsanweisungen seinem Kunden auszuhändigen. Nach der aktuellen Rechtsprechung sind ohne eine ausdrückliche vertragliche Verpflichtung Verkäufer oder Bauträger nur selten dazu verpflichtet.
Nach der heute herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, besteht kein allgemeiner Anspruch auf Herausgabe der Projektunterlagen, weder bei einem Bauträgervertrag über eine Immobilie noch beim Kauf einer Eigentumswohnung. Grundsätzlich ist der Bauträger oder der Verkäufer nur verpflichtet, dem Erwerber solche Unterlagen zu übergeben, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Fehlt eine solche Vereinbarung, so können Pläne und technische Dokumentationen nur dann erfolgreich eingefordert werden, wenn ein besonderes, konkret begründetes rechtliches Interesse des Erwerbers besteht (OLG München vom 15.10.1991 – 9 U 2958/91 - BauR 1992,95; OLG Frankfurt vom 26.10.2006 - 26 U 2/06 - NJW-RR 2007, 817). Dies ist für den Fall anerkannt, wenn er zur Beseitigung von Mängeln am Gebäude, zur Wartung technischer Anlagen oder zur Durchführung von Umbauten auf bestimmte Pläne oder sonstige Dokumentationen angewiesen ist. Ohne die Unterlagen muss eine erforderliche Instandsetzung oder ein unmittelbar bevorstehender Umbau erheblich erschwert sein (LG Krefeld vom 11.12.2008 - 2 O 56/08, BauR 2009, 860). Daher begründen theoretischen Möglichkeiten zukünftiger Instandsetzungen am Objekt oder Erleichterungen bei der Verwaltung der Immobilie allein kein berechtigtes Interesse, selbst wenn das Fehlen der Unterlagen für den Eigentümer in einem zukünftigen Schadensfall erhöhte Kosten bedeuten würde oder nach Ablauf der Gewährleistungsfrist überhaupt nicht mehr durchsetzbar wäre (LG München I vom 2.3.2007 - 2 O 23839/06 - BauR 2007, 1431).

Die Rechtsprechung begründet ihre Auffassung mit dem Argument, dass mangels vertraglicher Vereinbarungen zur Übergabe der Projektunterlagen, deren Herausgabe nur als vertragliche Nebenpflicht des Bauträgers oder des Verkäufers nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB in Betracht käme. Danach ist aber eine umfassende Interessenabwägung erforderlich (OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG München, a.a.O.), da ohne ein besonderes, konkret begründetes Interesse des Erwerbers, der Bauträger oder Verkäufer bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist unabsehbaren Auskunfts- und Bereithaltungspflichten ausgesetzt wäre (LG München I, a.a.O.). Beschränkt ist die Herausgabepflicht jedoch auf Unterlagen, die aktuell im Besitz des Vertragspartners stehen (OLG Frankfurt, a.a.O. ; OLG Köln Urteil vom 23.02.2005 - 11 U 76/04). Sofern dem Bauträger oder Verkäufer kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, muss er keine Unterlagen nachfertigen.
Eine Herausgabepflicht des Veräußerers auch ohne konkreten Bedarf des Erwerbers sieht die Rechtsprechung jedoch für öffentlich-rechtlich vorgeschriebene Nachweisunterlagen, wie z.B. den Energieausweis eines Gebäudes oder technische Dokumentationen zum Nachweis der Betriebssicherheit oder zur Durchführung erforderlicher Wartungen. Dazu gehören z.B. Revisionspläne hinsichtlich der Wasser- und Abwasserleitungsführung und der Heizungsinstallation, weil diese Unterlagen für den laufenden Betrieb und die Wartung dieser Anlagen benötigt werden (OLG Frankfurt, a.a.O. ; OLG Köln Urteil vom 23.02.2005 - 11 U 76/04). Eine Herausgabepflicht von technischen Dokumentationen kann sich auch aus der  DIN 18382 Abs.3.1.6 ergeben, wonach hat der Auftragnehmer alle für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der Anlage erforderlichen Bedienungs- und Wartungsanleitungen und notwendigen Bestandspläne zu fertigen und dem Auftraggeber auszuhändigen hat. Auch nach DIN VDE 0100-610 muss jede elektrische Großanlage geprüft werden, bevor sie vom Benutzer in Betrieb genommen wird, wobei ein Prüfprotokoll erstellt werden muss. Dies gilt jedoch nicht für Altanlagen. Da die DIN- und VDE-Normen Bestandteil der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind und Allgemeingültigkeit besitzen, besteht eine ggf. dort geregelte Herausgabepflicht des Bauträger insoweit auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber. Dagegen sind statische Nachweise im Sinne von DIN 18332 zwar durch Auftragnehmer gegenüber der Baubehörde zu erbringen, aber deren Dokumentation z.B. durch Zeichnungen stellt eine Besondere Leistung dar, die vom Auftraggeber besonders zu vergüten ist. Fehlt es an einer entsprechenden Sondervergütungsvereinbarung muss der Bauträger diese Dokumentationen auch nicht herausgeben; eine Herausgabepflicht des Bauträgers hinsichtlich der Baupläne ergibt sich i.d.R. auch nicht aus den Landesbauordnungen (OLG Frankfurt, a.a.O.).
Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der Bauunterlagen eine Vereinbarung oder einen konkreten Bedarf voraussetzt hat die Rechtsprechung jedoch anerkannt: War der Bauträger zugleich Verwalter des von ihm errichteten Gebäudes nach den Wohnungseigentumsgesetz, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf Überlassung aller Projektunterlagen aus seinem Besitz (BayObLG vom 23.3.2001 - 2Z BR 6/01 - DRsp Nr. 2001/7849). Anspruchsgrundlage hierfür ist aber nicht der Erwerbsvertrag, sondern der Verwaltervertrag. Nach Beendigung der Verwaltertätigkeit haben die Wohnungseigentümer gegen den Verwalter gem. §§ 675, 667 BGB einen Anspruch auf Herausgabe aller Unterlagen, die dieser auf Grund seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat (BayObLG, NJWE-MietR 1997, 14/ WuM 1996, 661). Dazu gehören alle Papiere, die er anlässlich der Geschäftsbesorgung für die Wohnungseigentümer erlangt hat, insbesondere die Bauunterlagen, da diese für Gewährleistungs- und sonstige Ansprüche gegenüber den am Bau Beteiligten von Bedeutung sind (OLG Hamm, NJW-RR 1988, 268. BayObLG - 2 Z BR 6/01, NZM 2001, 469). Anders als der Bauträger ist der ehemalige Verwalter i.d.R. zur Ersatzbeschaffung verpflichtet, falls ihm Unterlagen abhanden gekommen sind (OLG Hamm - 15 W 41/07, NZM 2008, 850 und - 15 W 181/06 – ZMR 2007, 982; Niedenführ in Kümmel/Niedenführ/Vandenhouten, 10. Aufl., § 26 WEG, Rn 130). Dagegen ist der Verwalter eines Hauses, der nicht zugleich Bauträger war, nicht verpflichtet, die Projektunterlagen ungefragt zu beschaffen; im Gegenteil müssen die Eigentümer dem Verwalter die zur Verwaltung benötigten Unterlagen zur Verfügung stellen.
Praxistipp:
In Anbetracht der aktuellen Rechtsprechung, sollte jeder Erwerber einer Immobilie auf eine ausdrückliche Regelung im Notarvertrag bestehen, dass der Verkäufer resp. der Bauträger einen vollständigen Satz aller Bauunterlagen auszuhändigen hat. Ist keine vertragliche Regelung vorhanden so besteht eine entsprechende Verpflichtung des Vertragspartners nur, wenn wegen akutem Instandsetzungsbedarf oder einem konkreten Umbauvorhaben der Eigentümer auf die Pläne angewiesen ist. Mit dem Ablauf der vertraglichen Gewährleistungsfrist – zumeist fünf Jahre bei Neubauten – ist der Anspruch jedoch ausgeschlossen. Bereits bei der Gestaltung der Verträge sollte darauf geachtet werden, dass die dem Erwerber auszuhändigenden Unterlagen im Vertrag so genau wie möglich bezeichnet werden.

Freitag, 9. August 2013

Realteilung des WEG Grundstücks: Nicht ohne die Bank

Gerade bei Mehrhausanlagen stellt sich oft die Frage einer Realteilung – was die Eigentümer des einen Hauses wollen, wird von den anderen nicht mitgetragen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Bundesgerichtshof die Verwaltung durch Untergemeinschaften in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2012 zu Az. V ZR 231/11 (veröffentlich in NJW-RR 2012, 1291 bzw. NZM 2012, 766) stark eingeschränkt hat, wird für jedes Haus die volle rechtliche Selbständigkeit angestrebt. Wenn trotz der hohen Kosten für Neuvermessung der Grundstücke, Grundbuchamt etc. alle Eigentümer beider Häuser eine Teilungsvereinbarung bejahen (ein Beschluss ist hier nicht möglich), müssen die finanzierenden Banken beteiligt werde. Gleiches gilt, wenn die Gemeinschaft einen Teil des WEG-Grundstücks verkaufen will.
Nach übereinstimmender Rechtsprechung muss jede Veränderung, die zu einer Veränderung des Miteigentums am Gemeinschaftseigentum führt von den finanzierenden Banken genehmigt werden. Notwendig ist die Pfandhaftentlassung (Löschungsbewilligung)  des abzuschreibenden Anteils am Gemeinschaftseigentums durch die Grundpfandrechtsgläubiger (Banken). Dies bedeutet, dass jeder Eigentümer, dessen Wohnung noch für einen Kredit als Sicherheit haftet, nicht ohne Zustimmung seiner Bank seinen Anteil am Gemeinschaftseigentum verändern darf.
Die Wohnungseigentümer können zwar den ihrem Sondereigentum zugrunde liegenden Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum durch Änderungsvereinbarung und Auflassungserklärung für sich vergrößern/verkleinern. Da der Miteigentumsanteil nicht dem Wert des Sondereigentumsbereichs entsprechen muss, bedarf es nicht der gleichzeitigen Anpassung der Sondereigentumsrechte (BGH vom 18.06.1976 - V ZR 156/75 - NJW 1976, 1976). Von dieser Änderung rechtlich betroffen sind die am Sondereigentum berechtigten dinglichen Gläubiger (die Banken), weil sich der zum Sondereigentum gehörende  Miteigentumsanteil verkleinert (die Belastungen am abgespaltenen Anteil, also am anderen Grundstück, sollen ja erlöschen). Ausdrücklich tenorierte bereits 1993 das Bayerische Oberste Landesgericht (vom 16.04.1993 - 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043):
Wird die Größe der Miteigentumsanteile sämtlicher Wohnungseigentumsrechte ohne Änderung des zugehörigen Sondereigentums verändert, so sind hierzu entsprechende Rechtsänderungs- und Auflassungserklärungen aller Wohnungseigentümer erforderlich und die Zustimmung der dinglich Berechtigten an den Wohnungseigentumsrechten, deren Miteigentumsanteil kleiner wird, ferner eine Pfandunterstellung seitens der Wohnungseigentümer, deren Miteigentumsanteil sich vergrößert.“

Daher ist es notwendig, dass die Banken der Grundstücksteilung zustimmen und damit die Pfandfreigabe (Löschungsbewilligung) für den abgespaltenen Anteil erklären (OLG Hamm vom 28.05.1998 - 15 W 411/97 - ZMR 1999, 197 ; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 6 Rn 9 ; Bärmann/Armbrüster, WEG, 11. Aufl., § 5, Rn 13).
Da eine Grundstückteilung zumeist dazu führt, dass die neu geschaffenen Grundstücksteile nie gleich groß sind, sind Genehmigungsprobleme mit der finanzierenden Bank vorprogrammiert. Ein  Rechtsanspruch gegen die Bank auf Zustimmung zur Pfandhaftentlassung hinsichtlich des abzutrennenden Grundstücksteils wird überwiegend abgelehnt, selbst wenn sich die Haftungsmasse der Bank dadurch kaum verringert. Wenn eine Realteilung des WEG-Grundstücks im Raume steht, sollte jeder Eigentümer sollte vorher klären, ob seine Bank bei einer Realteilung mitspielt.  

Mittwoch, 17. Juli 2013

Balkone in der WEG: Instandsetzungskosten und Nutzungsrecht

Gerade im Zuge von Instandsetzungsmaßnahmen geht es immer wieder um die Sanierungskosten von Balkonen: Eigentümer ohne Balkon wollen die Sanierung, die zumeist nur wenigen anderen Eigentümern zu Gute kommt, nicht mittragen. In den meisten Fällen werden aber alle Eigentümer die Sanierung eines Balkons oder Teilen davon mittragen müssen.

Grundsätzlich sind Balkone als Bestandteile der äußeren Hülle des Gebäudes und insbesondere wegen Ihrer tragenden uns abdichtenden Elemente dem Gemeinschaftseigentum zuzuorden. Wenn also nichts abweichendes in der Teilungserklärung vereinbart ist, dann gehören die Balkone zum Gemeinschaftseigentum und sind grundsätzlich dann auch von der Gemeinschaft auf deren Kosten in Stand zu halten. Balkone sind aber grundsätzlich sondereigentumsfähig, d.h. die Teilungserklärung kann die Balkone durch eine Bestimmung auch dem Sondereigentum einer bestimmten Wohnung zuordnen. Eine solche Regelung ist für Balkone üblich und wichtig, weil das jedem Wohnungseigentümer gemäß § 13 Abs. 2 WEG zustehende Mitgebrauchsrecht am Gemeinschafseigentum ja an einem Balkon von anderen Eigentümern nicht durchgesetzt werden kann (vergl. BayObLG v. 17.09.2003 - 2Z BR 179/03 - ZMR 2004, 132; OLG Düsseldorf v. 21.12.1998 - 3 Wx 418/98 - ZMR 1999, 350; OLG Frankfurt v. 3.4.1997 - 20 W 90/97 - ZMR 1997, 367). Fehlt eine solche Regelung in der Teilungserklärung muss der Eigentümer der an den Balkon angrenzenden Wohnung dennoch nicht die Mitbenutzung der anderen WEG-Eigentümer dulden – es besteht dann ein faktisches Sondernutzungsrecht am Balkon (Armbrüster in Bärmann, 12. Auflage, § 5 Rn 58).

Mit der Zuordnung des Balkons zum Sondereigentum, wird aber keine Aussage darüber getroffen, dass auch die konstruktiven und optisch die Fassade prägenden Bestandteile des Balkons dem Sondereigentum unterfallen. Dies mit dem Bundesgerichtshof zu verneinen (BGH v.25.01.2001 - VII ZR 193/99 – NJW-RR 2001, 800).
Wie sich zumeist aus der Teilungserklärung ergibt, sind die Balkone in einem inhaltlichen Kontext typischer Sondereigentumsbestandteile wie Putz, Fußbodenbelag und Verkleidungen genannt. Bereits daraus ergibt sich, dass das Sondereigentum am Balkon in erster Linie nur die Nutzung des Eigentümers der angrenzenden Wohnung sichern soll und sachlich nur Wandfarbe, Putz und Bodenbelag umfasst. Alle konstruktiven und die der Sicherheit dienenden Bestandteile eines Balkons, stehen diese Balkonteile zwingend im Gemeinschaftseigentum (BayObLG vom 17.12.1993, 2Z BR 105/93, WE 1994, 314, dort zur Dachterrasse). Im Wesentlichen ist entschieden, dass die folgenden Elemente zwingend zum Gemeinschaftseigentum zählen:

·         alle konstruktiv tragenden Elemente (OLG Hamm v.16.09.1988 - 26 U57/88 - ZMR 1989, 99),
·         alle Absturzsicherungen wie Geländer (OLG Düsseldorf v.9.08.1991 - 22 U20/91 - ZMR 91, 486; BayObLG v.25.09.1996 - 2Z BR79/96 - WuM 1997, 188),
·         die Balkonbrüstung einschließlich Deck- und Kronenbleche (BayObLG v.30.03.1990 - 2Z BR 31/90 - WE 1990, 138),
·         die Feuchtigkeitsisolierungsschichten auf der Balkonplatte (BGH v.25.01.2001 - VII ZR 193/99 – NJW-RR 2001, 800)
·         Trennwände zwischen Balkonen verschiedener Wohnungen (BayObLG v.1.2.2001 – 2 Z BR 68/00 – GE 2001, 775).
·         die tragenden Bestandteile der Balkondecke (OLG Zweibrücken v.21.9.1999 - 3 W 141/99 - NZM 2000, 294)
·         die Balkontüren (Armbrüster in Bärmann, 11.Aufl., § 5 Rn 59)
·         die Wärmedämmschicht (OLG Hamm, 20.11.2006 - 15 W 166/06 - ZMR 2007, 296).
·         der Estrich (OLG Hamm, 20.11.2006 - 15 W 166/06 - ZMR 2007, 296).

Gemeinschaftseigentum gehörenden Bestandteile dürfen auch nicht von den betroffenen Sondereigentümern verändert oder beseitigt werden (BayObLG v.1.2.2001 – 2 Z BR 68/00 – GE 2001, 775). Trifft die Gemeinschaftsordnung zweideutige Regelungen zum Umfang des Sondereigentums, so ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln, dass nur die nachfolgenden Sondereigentumsfähigen Bestandteile gemeint sind (zu „Balkonboden“: OLG München v.30.6.2007 - 34 Wx 116/06 - NZM 2007, 369)

·         der begehbare Boden-/Plattenbelag z.B. Fliesen (BayObLG, Beschluss v. 17.12.1993 - 2Z BR 105/93 - WE 1994, 314; BayObLG, ZWE 2004, 93).
·         der Innenputz und Innenanstrich, nicht jedoch wenn von außen sichtbar (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 5 Rn 29).

In diesen dem Sondereigentum unterfallenden Bereichen fehlt der Wohnungseigentümergemeinschaft sogar die Beschlusskompetenz: Gegen den Willen des betroffenen Eigentümers darf die Gemeinschaft keine Entscheidungen über die Gestaltung des Sondereigentums treffen, z.B. nicht über die Art der Balkonfliesen (OLG Köln vom 5.12.2000 – 16 Wx 121/00 – ZMR 2001, 568).

Werden die o.g. Bestandteile, die sonst in Ordnung waren nur deshalb beschädigt, weil das darunter liegende Gemeinschaftseigentum in Stand gesetzt wird, so trägt gemäß § 14 Nr.4 WEG die Gemeinschaft auch der Wiederherstellungskosten des durch die Arbeiten beschädigten Sondereigentums (BayObLG  v.6.2.1987 - 2 Z 93/86 - ZMR 1987, 227; OLG Düsseldorf v.22.11.2005 – 3 Wx 140/05 – ZMR 2006, 459, GE 2006, 94). Allerdings kann ein Mitverschulden zu einer Reduzierung des Anspruchs führen (OLG Schleswig v.13.07.2006 - 2 W 32/06 - NJW-RR 2007, 448).

Grundsätzlich muss das Gemeinschaftseigentum auf Kosten der Gemeinschaft in Stand gesetzt werden. Es ist jedoch möglich, dass abweichende Regelungen bestehen. In dem am 16. November 2012 vom Bundesgerichtshof ( Az: V ZR 9/12 - NJW 2013, 681) entschiedenen Fall war in der Teilungserklärung eine ausdrückliche Anordnung zur Kostentragung für die Balkone enthalten. Dies hatte die Folge, dass der betroffene Sondereigentümer auch für die Kosten der Instandsetzung der tragenden Teile (obwohl im Gemeinschaftseigentum stehend) alleine aufzukommen hatte. Auch wenn in der Teilungserklärung z.B. die Isolierschicht dem Sondereigentum zugewiesen ist und aus diesem Grund diese Klausel nichtig ist, kann dies u.U. aber in eine Kostentragungslast hinsichtlich der Sanierungskosten des betroffenen Sondereigentümers umgedeutet werden (OLG Hamm v.13.08.1996 - 15 W 115/96, ZMR 1997, 193).

Die Kostentragungslast der betroffenen Balkon-Sondereigentümer für Sanierungskosten am Gemeinschaftseigentum kann grundsätzlich auch auf dem Beschlusswege nach § 16 Abs.4 WEG herbeigeführt werden. Auf Grund der daraus folgenden hohen Kosten für den einzelnen Eigentümer stellt die Rechtsprechung hieran jedoch erhebliche Anforderungen, sowohl in formeller, als auch in materieller Hinsicht. Eine Beschlussfassung, in der die Mehrheit der Gemeinschaft, den betroffenen Balkonnutzern gegen deren Willen die Sanierungskosten der Balkone auferlegt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens gerichtlich geprüft werden. Daher ist es für die Verwaltung unumgänglich, eine solche Beschlussfassung sehr gründlich vorzubereiten und auszuformulieren. Auf Grund dieser Anforderungen sollte dabei anwaltlicher Beistand eingeholt werden.



Wenderoth
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

Weitere interessante Veröffentlichungen zum Wohnungseigentum finden Sie auf

Freitag, 10. Mai 2013

Die Entstehung von Wohnungs- und Teileigentum

Für die meisten Menschen ist eine Eigentumswohnung einfach nur das Eigentum an einer bestimmten Wohnung innerhalb eines Gebäudes. Tatsächlich umfasst das Wohnungseigentum wesentlich mehr:
·         das Sondereigentum an den Räumen der jeweiligen Wohnung,
·         den Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum (z.B. dem Grundstück)
·         die Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Begründung von eigenständigem Eigentum an einer Wohnung in einem Gebäude wird durch das Wohnungseigentumsgesetz ermöglicht. Nach den allgemeinen Regelungen des BGB (§§ 93, 94 BGB) ist ein auf dem Grundstück befindliches Gebäude und mithin alle Wohnungen darin ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks mit der Folge, dass grundsätzlich daran auch eine gesonderten Eigentumsrechte bestehen können: Der Eigentümer des Grundstücks ist danach auch immer der Eigentümer aller darauf errichteten Wohnungen. Nur wenn die besonderen Voraussetzungen des Wohnungseigentumsgesetzes eingehalten werden, ist es überhaupt möglich, Sondereigentum an einzelnen Wohnungen zu begründen. Das erst im Jahre 1951 erlassene und zuletzt im Jahre 2007 reformierte Wohnungseigentumsgesetz enthält neben Begründung von Wohnungseigentum auch Regelungen über die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Verwaltung sowie über gerichtliche Verfahren.
Die Teilungserklärung:
Die Teilungserklärung (auch Miteigentumsordnung oder Satzung genannt) ist eine notarielle Urkunde, die die vertragliche Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft bildet und die Begründung von Sondereigentum an einzelnen Wohnungen überhaupt erst ermöglicht. Die Teilungserklärung ist daher durchaus mit dem Gesellschaftsvertrag bei der Gründung einer GmbH vergleichbar. Die Teilungserklärung ist bei Amtsgericht, dass das Grundbuch führt hinterlegt. Änderungen bedürfen der Zustimmung aller Eigentümer, die nur in notarieller Form möglich sind.
Zur Begründung des Sondereigentums enthält die Teilungserklärung eine Beschreibung der einzelnen Wohnungen und zusätzlich Pläne (Aufteilungsplan) des gesamten Gebäudes, in dem sämtliche Räume des Gebäudes nummeriert sind, sodass sie eindeutig einem bestimmten Sondereigentum zugeordnet werden können.
Verbunden mit dem Sondereigentum ist stets auch ein Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum. Im Allgemeinen korrespondiert dieser Miteigentumsanteil mit der Größe des Sondereigentums, zwingend ist dies jedoch nicht. Nach vielen Teilungserklärungen entscheidet der Miteigentumsanteil über den Anteil an den Kosten der Gemeinschaft (§ 16 Abs.2 WEG) und teilweise auch über das Gewicht der Stimme bei der Fassung von Beschlüssen in den Eigentümerversammlungen.
Weiterhin regelt die Teilungserklärung das Innenverhältnis der Eigentümer untereinander. Zumeist sind Umlageschlüssel für Betriebs- und Heizkosten sowie Reparaturen dort vereinbart. Weiterhin sind Regelungen durch die Durchführung der Eigentümerversammlung, insbesondere zu Ladung, Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung sowie zur Vertretung zumeist enthalten.
 Die Abgeschlossenheitsbescheinigung:
Zusätzlich zur Teilungserklärung bedarf die tatsächliche Aufteilung in einzelne Sondereigentums-einheiten noch der behördlichen Abgeschlossenheitsbescheinigung. Dazu muss die zuständige Baubehörde bestätigen, dass die einzelnen Sondereigentumseinheiten baulich hinreichend von anderen Wohnungen und Räumen abgeschlossen sind (§ 3 Abs.2 i.V.m. § 7 Abs.4 WEG). Diese Trennung erfolgt beispielsweise durch Wände und Decken, die ausreichenden Schall- und Wärmeschutz gewährleisten. Es muss weiterhin ein eigener, abschließbarer Zugang zu jeder Einheit vorhanden sein sowie eigene Sanitärräume.
Die grundbuchliche Aufteilung:
Wenn Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegen, werden vom sog. Stammgrundstück, also vom ursprünglichen Hausgrundstück, die Sondereigentums-einheiten (also die Wohnungen oder Geschäftseinheiten (Teileigentumseinheiten)) abgeteilt. Dazu legt das Grundbuchamt ein eigenes Grundbuchblatt für jede Wohnung an und ordnet jeder den in der Teilungserklärung vorgesehenen Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum zu. Das so entstandene Wohnungseigentum ist rechtlich eine eigenständige Immobilie, die selbständig von den anderen Wohnungseigentumen auf dem Grundstück existiert. Das Wohnungseigentum kann separat veräußert oder mit einem Grundpfandrecht belastet, also beliehen werden. Auch eine Zwangsversteigerung hat keine direkten Auswirkungen auf die anderen Miteigentümer. In den meisten Fällen wird Wohnungseigentum durch die Aufteilung geschaffen, d.h. aus einem Hausgrundstück entsteht eine Mehrzahl von Wohnungseigentumseinheiten, die alle in sich abgeschlossen sind. Wenn jedoch Gewerbeeinheiten oder andere nicht zu Wohnzwecken dienende Einheiten von einer solchen Aufteilung betroffen sind, so spricht man in diesen Fällen von Teileigentum, rechtlich besteht jedoch kein Unterschied zum Wohnungseigentum.
Oftmals werden Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten bereits veräußert, bevor das Aufteilungsverfahren abgeschlossen ist. Dies ist rechtlich zulässig. In diesen Fällen erwirbt der Käufer keine Immobilie, sondern nur ein Anrecht auf die erst in der Zukunft rechtlich entstehende Eigentumswohnung. Ein solcher Kauf ist nicht ohne Risiko, insbesondere wenn der Verkäufer bereits den Kaufpreis erhalten hat, der Käufer aber noch nicht als Eigentümer der lastenfreien Wohnung im Grundbuch eingetragen ist.
Atypische Wohnungseigentumsanlagen:
Die rechtliche Selbstständigkeit von Wohnungs- oder Teileigentum ist jedoch nicht beschränkt auf Räumlichkeiten, die innerhalb eines Gebäudes liegen. Anerkannt sind auch sog. „Atypische Wohnungseigentumsanlagen“: Dies sind zumeist Reihen- oder Doppelhausareale, die sich gemeinsame Anlagen, wie z.B. Wege, Heizung, Garagen teilen. In diesen Fällen besteht das Sondereigentum i.d.R. aus den Räumen jedes einzelnen Hauses während die gemeinschaftlichen Anlagen und Freiflächen aber auch die Dach und Außenwände der Häuser das Gemeinschaftseigentum darstellen. Da das Wohnungseigentumsgesetz für diese „Atypischen Wohnungseigentumsanlagen“ keine besonderen Regelungen bereithält, sind hier erhöhte Anforderungen an die betreffende Teilungserklärung gestellt.

Dienstag, 23. April 2013

Veräußerungszustimmung 2: Haftungsfallen für den Verwalter.

Nach dem im 1. Teil dieses Beitrages (veröffentlicht am 3.4.2013) die Voraussetzungen der Zustimmungserteilung nach § 12 WEG dargestellt wurden, geht es nunmehr um die Haftung des Verwalters wegen unberechtigter Zustimmungsverweigerung und gegenüber der Gemeinschafts wegen unrechtmäßiger Erteilung der Zustimmung. 

Die Form der Zustimmungserteilung:

Da das Grundbuchamt das Vorliegen der Zustimmung als Voraussetzung für die Eigentumsumschreibung  prüft, muss die Zustimmungserklärung in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO nachgewiesen werden. Der Verwalter muss daher seine Veräußerungszustimmung vor einem Notar erteilen, nicht notwendigerweise der selbe Notar, der auch den Kaufvertrag geschlossen hat. Dabei hat der Verwalter auch seine  Verwalterbestellung in öffentlicher Form nachzuweisen. Sofern die Verwalter-eigenschaft nicht bereits durch ein früheres Erwerbsgeschäft dem Grundbuchamt nachgewiesen wurde, muss der Verwalter das Versammlungsprotokoll vorlegen, wobei auch die weiteren Unterzeichner des Protokolls (siehe § 24 Abs.6) vor dem Notar ihre Unterschrift beglaubigen lassen müssen. Maßgeblich ist, dass der Verwalter zum Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmung ordnungsgemäß bestellt war; läuft seine Bestellung noch vor der Umschreibung des Grundbuchs ab, so ist dies unschädlich (BGH vom 11.10.2012 - V ZB 2/12 - NJW 2013, 299).

Erzwingung der Zustimmung:

Ein Kaufvertrag über das Wohnungseigentum ist bis zur Erteilung der Zustimmung in der erforderlichen Form schwebend unwirksam (BGH vom 20.07.2012 - V ZR 241/11 -  NJW 2012, 3232). Wird die Zustimmung verweigert, hat der veräußernde Eigentümer die Möglichkeit, die Zustimmung gerichtlich zu erstreiten; der Erwerber hat dieses Recht nicht. Der Zustimmungsberechtigte ist für das Vorliegen eines wichtigen Grundes darlegungs- und beweispflichtig (OLG Köln vom 6.8.2009 – 16 Wx 133/08 - ZMR 2011, 55).


Die Klage richtet sich dabei gegen den Zustimmungsberechtigten, also im Allgemeinen gegen den Verwalter; beruht die Verweigerung jedoch auf einem Beschluss der Gemeinschaft, so ist diese Beklagte (BGH vom 13.5.2011 - V ZR 166/10 - NJW-RR 2011, 1453). Wird durch das Gericht festgestellt, dass die Zustimmung zu Unrecht verweigert wurde, wird der Zustimmungsberechtigte zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet (OLG Köln vom 6.8.2009 – 16 Wx 133/08 - ZMR 2011, 55).
Entscheidet die Gemeinschaft durch Beschluss, so ist umstritten, ob die rechtswidrige Versagung der Veräußerungszustimmung nichtig oder nur anfechtbar ist. Eine auf sachfremden Erwägungen basierende Zustimmungsversagung soll nichtig sein (OLG Köln, Beschluss v. 6.8.2009, 16 Wx 133/08). Dagegen ist nach dem Bundesgerichtshof die Anfechtungsfrist zu wahren, wenn der Versagung der Zustimmung lediglich auf einer fehlerhaften Wertung der vorliegenden Informationen über den Erwerber beruht (BGH vom 20.07.2012 - V ZR 241/11 -  NJW 2012, 3232).


Schadensersatzansprüche:

Sowohl die unberechtigte Verweigerung der Zustimmung, als auch deren verspätete Erteilung können Schadensersatzansprüche des ausscheidenden Eigentümers gegen die Gemeinschaft als auch gegen den Verwalter begründen. Da die Rechtsprechung mittlerweile hohe Anforderungen an die Rechtskenntnisse des Verwalters stellt, sollte er sich nicht darauf verlassen, dass die Berufung auf einen Rechtsirrtum die Haftung entfallen lässt (so aber noch BGH vom 21.12.1995 – V ZB 4/94 - NJW 1996, 1216 (1218) Zustimmung zu baulicher Veränderung).  Grundsätzlich ist die Zustimmung unverzüglich zu erteilen, d.h. in der Regel innerhalb von 14 Tagen; innerhalb dieser Frist hat der Verwalter auch seine Bestellung in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen (OLG Düsseldorf vom 13.08.2003 - I-3 Wx 176/03 - ZMR 2003, 956; Grziwotz in Jennißen, 3. Aufl., § 12 WEG, Rn 32). Werden keine Informationen z.B. zur finanziellen Lage des Erwerbers vorgelegt, so muss der Verwalter diese Informationen unverzüglich anfordern. Der Verwalter ist jedoch nicht verpflichtet aber berechtigt, eigene Ermittlungen durchzuführen. Ist sich der Verwalter unsicher, ob ein Versagungsgrund vorliegt, entspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, die Frage durch die Eigentümerversammlung entscheiden zu lassen (OLG Düsseldorf vom 10.5.2005 - I-3 Wx 321/04 - NJW-RR 2005, 1254), vollzieht der Verwalter nur den Gemeinschafts-beschluss, haftet er nicht (Kümmel in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, 10. Aufl., § 12 WEG, Rn 21). Die Gemeinschaft ist verpflichtet, auch einem gewerblich tätigen Verwalter Weisungen in unklaren Situationen zu erteilen (BGH vom 21.12.1995 – V ZB 4/94 - NJW 1996, 1216).

Die unberechtigte Verweigerung oder Verzögerung der Zustimmung verletzt nur gegenüber dem veräußernden Eigentümer Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis und kann daher nur ihm gegenüber einen Schadensersatzanspruch begründen (OLG Brandenburg vom 12.01.2009 - 5 Wx 49/07 – ZMR 2009, 703). In Betracht kommen dabei neben weiter laufenden Kreditzinsen oder entgangenen Festgeldzinsen, Notarkosten insbesondere bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages aber auch Rechtsanwalts-kosten des Veräußerers (vergl. OLG Düsseldorf, 10.05.2005 - I-3 Wx 321/04 - NJW-RR 2005, 1254). Sofern ein Kaufvertrag wegen einer unberechtigt verweigerten Zustimmung rückabgewickelt wird und ein neuer Kaufvertrag über die Wohnung nur mit einem geringeren Kaufpreis zustande kommt, kann auch die Kaufpreisdifferenz als Schadensersatz gefordert werden.

Umgekehrt haftet der Verwalter der Gemeinschaft auf Schadensersatz, wenn er die Solvenz des Erwerbers nicht oder nur unzureichend prüft und der WEG dadurch Wohngelder entgehen (OLG Hamburg vom 28.07.2004 - 2 Wx 92/98 - ZMR 2004, 850). Der Verwalter muss jedoch nicht für zukünftige Verschlechterungen einstehen, wenn er sich zum Zeitpunkt des Erwerbs die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers hat glaubhaft machen lassen.

Zu beachten ist allerdings, dass ein die Zustimmung zur Veräußerung des Sondereigentums versagender Beschluss im Regelfall auch dann bestandskräftig wird, wenn ein wichtiger Grund zu Unrecht angenommen worden ist (BGH, Urteil v. 20.7.2012, V ZR 241/11). Der Beschluss kann allenfalls dann nichtig sein, wenn er auf ersichtlich sachfremden Erwägungen beruht, die offenkundig keinen wichtigen Grund darstellen.

Ist nach der Teilungserklärung die Zustimmung durch den Verwalter zu erteilen, so ist die Klage gegen den Verwalter zu richten, die übrigen Wohnungseigentümer sind an dem Verfahren jedoch formell zu beteiligen (BayObLG, Beschluss v. 25.6.1997, 2Z BR 50/97). Haben die Wohnungseigentümer die Entscheidung über die an sich von dem Verwalter zu erteilende Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum an sich gezogen und beschlossen, sie zu verweigern, sind sie und nicht der Verwalter für die Klage auf Erteilung der Zustimmung passivlegitimiert. Das gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung in der Form einer Anweisung an den Verwalter getroffen haben, die Zustimmung zu verweigern (BGH, Urteil v. 13.5.2011, V ZR 166/10; OLG Köln, Beschluss v. 6.8.2009, 16 Wx 133/08). Wird durch das Gericht festgestellt, dass die Zustimmung zu Unrecht verweigert wurde, wird der Zustimmungsberechtigte zur Erteilung der Zustimmung verurteilt (BayObLG, Beschluss v. 9.3.1977, 2Z 79/76).

Die Anforderungen des § 12 WEG an den Verwalter sind hoch. Eine Fehleinschätzung der rechtlichen Voraussetzungen kann aber leicht für den Verwalter Schadensersatzansprüche in fünfstelliger Höhe zur Folge haben.

Mittwoch, 3. April 2013

Die Veräußerungszustimmung des WEG-Verwalters 1: Voraussetzungen und Prüfung:

Durch Erwerbsvorgänge und Erbfälle treten regelmäßig neue Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft ein. § 12 WEG gibt der Gemeinschaft die Möglichkeit, in der Gemeinschaftsordnung festzulegen, dass der Erwerb einer Wohnung der Zustimmung des Verwalters bedarf. Viele Verwalter sind sich im Unklaren, wann die Zustimmung erteilt werden muss und welche Informationen dafür von wem gefordert werden dürfen. Da der Verwalter dabei sowohl gegenüber der Gemeinschaft als auch gegenüber dem Veräußerer auf Schadensersatz haften kann, darf die Zustimmung weder leichtfertig erteilt, noch verweigert werden.
Nicht jeder Eintritt von neuen Eigentümern in die Gemeinschaft bedarf einer Veräußerungszustimmung, sie ist nur erforderlich, wenn die Gemeinschaftsordnung dies z.B. für den Fall der Veräußerung bestimmt. Unter einer Veräußerung versteht man die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungseigentums unter Lebenden. Nicht zustimmungsbedürftig ist daher ein Eigentumsübergang kraft Gesetzes, z. B. im Wege der Erbfolge gemäß § 1922 BGB (vergl. OLG Karlsruhe vom 25.06.2012 - 14 Wx 30/11 - FGPrax 2012, 246). Dagegen ist der Eigentumserwerb auf Grund einer Zwangsvollstreckung gemäß § 12 Abs.3 zustimmungsbedürftig. Primär zuständig für die Erteilung der Zustimmung ist die Eigentümerversammlung, die darüber durch Beschluss zu entscheiden hat. Zumeist wird in der Teilungserklärung der WEG-Verwalter ermächtigt, die Zustimmung zu erteilen, was aber die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nicht ausschließt (BGH vom 13.5.2011 - V ZR 166/10 - NJW-RR 2011, 1453). Seit der WEG-Novelle 2007 kann ein in der Gemeinschaftsordnung vereinbartes Zustimmungserfordernis durch Beschluss mit einfacher Mehrheit aufgehoben oder eingeschränkt werden, § 12 Abs.4. Die Begründung einer Veräußerungszustimmung ist aber nur durch eine Vereinbarung, nicht durch Beschluss, möglich.
Voraussetzungen der Veräußerungszustimmung:
Ziel der Veräußerungszustimmung des § 12 WEG ist, dass der Eintritt ungeeigneter Personen in die Gemeinschaft verhindert werden soll. Bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur Versagung der Veräußerungszustimmung gegeben ist, kommt es allein auf die objektiven Eigenschaften des Erwerbers an. (OLG Hamburg vom 28.07.2004 - 2 Wx 92/98 - ZMR 2004, 850). Die Zustimmung kann daher nicht mit der Begründung verweigert, werden, dass der Veräußerer zunächst seine Schulden gegenüber der Gemeinschaft zu tilgen habe (OLG Brandenburg vom 12.01.2009 - 5 Wx 49/07 – ZMR 2009, 703 (705)).
Sowohl die Erteilung der Zustimmung als auch deren Verweigerung muss auf Fakten gestützt werden, die der Verwalter sorgfältig zu prüfen hat. Der Veräußerer ist verpflichtet, dem Verwalter jede ihm mögliche Information über den Erwerber zu übermitteln oder diesen zu einer Selbstauskunft zu veranlassen; die Erfüllung der Informationspflicht kann zur Vorbedingung für die Erteilung der Zustimmung gemacht werden. (OLG Hamburg vom 28.07.2004 - 2 Wx 92/98 - ZMR 2004, 850; OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1997, 336). Falls die Informationen über den Erwerber unzureichend sind, müssen weitere Daten gezielt abgefragt werden. Für den Verwalter folgt diese Pflicht zur Informationsbeschaffung aus dem Verwaltervertrag (KG vom 11.10.1989 – 24 W 4478/88 - ZMR 1990, 68).
Die Gründe zur Versagung der Veräußerungszustimmung müssen erheblich sein, jedoch ist es nicht erforderlich, dass die hohen Voraussetzungen des § 18 zur Entziehung des Wohnungseigentums vorliegen; die Anforderungen nach § 12 Abs.2 sind deutlich geringer (BayObLG vom 31.10.2001 - 2Z BR 37/01 - ZMR 2002, 289; LG Köln vom 19.3.2009 - 29 S 45/08 - ZMR 2009, 552). Ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung liegt vor, wenn vom Erwerber eine gemeinschaftswidrige Gefahr ausgeht, wobei es nicht auf dessen Verschulden ankommt (OLG Frankfurt vom 27.07.2005 - 20 W 493/04 - NZM 2006, 380). In der Person des Erwerbers müssen gewichtige Gründe vorliegen, die befürchten lassen, schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer unzumutbar gefährdet werden (OLG Zweibrücken vom 8.11.2005 - 3 W 142/05 - ZMR 2006, 219). Die Rechtsprechung unterscheidet zwei Fallgruppen, auf die eine Zustimmungsversagung gestützt werden kann, finanzielle Gründe und verhaltensbedingte Gründe:
Finanzielle Versagungsgründe:
Der in der Praxis bedeutsamste Grund für die Versagung der Veräußerungszustimmung ist die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers. Dies liegt vor, wenn begründete Zweifel bestenden, dass der Käufer seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft ordnungsgemäß erfüllen werde (OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1997, 336). Anhaltspunkte dafür bestehen, wenn das nachgewiesene Nettoeinkommen des Erwerbers nicht ausreichend ist, um die aus dem Wohnungseigentum erwachsenen Verpflichtungen zu tragen, wobei Sonderumlagen auf Grund absehbarer Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum aber auch die Kreditrate zur Finanzierung der Wohnung einzubeziehen sind. Das Einkommen naher Angehöriger (Ehegatte, Eltern etc.) ist grundsätzlich nicht anzurechnen, wenn diese nicht mithaften (LG Köln vom 29.02.2000 - 29 T 239/99 – ZMR 2000, 704). Dagegen kann Wert der Wohnung allenfalls berücksichtigt werden, wenn diese weitgehend lastenfrei ist (Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 12 WEG, Rn 21). Ist der Erwerber Mieter der zu verkaufenden Wohnung, kann die Versagung der Zustimmung auch auf die Unregelmäßigkeit der Mietzahlungen gestützt werden (OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1996, 1296). Gleiches gilt, wenn der Erwerber bereits für eine andere Wohnung in der Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum erhebliche unberechtigte Wohngeldrückstände hat auflaufen lassen, es sei denn es bestehen Anhaltspunkte für eine Änderung des Verhaltens (LG Köln vom 19. März 2009 - 29 S 45/08 – ZMR 2009, 552). Nicht ausreichend für eine Zustimmungsversagung ist dagegen, dass der Erwerber nur beschränkt haftet (z.B. GmbH), selbst wenn die Firma ihren Sitz im Ausland hat und eine Rechtsverfolgung dadurch erschwert wäre (OLG Brandenburg vom 12.01.2009 - 5 Wx 49/07 – ZMR 2009, 703).
Verhaltensbedingte Versagungsgründe:
Sofern konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erwerber Belange der Gemeinschaft im Allgemeinen und den Hausfrieden im Besonderen stören könnte, sollte die Verweigerung der Zustimmung gründlich abgewogen werden. Anders als die finanzielle Leistungsfähigkeit kann ein potentieller Störer selten an Hand objektiver Maßstäbe festgestellt werden. Dennoch hat die Rechtsprechung in einigen wenigen Ausnahmen die Verweigerung der Zustimmung für rechtmäßig erachtet. So entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (vom 31.10.2001, 2 Z BR 37/01, NZM 2002, 255), dass die Zustimmung dann verweigert werden könne, wenn der Erwerber bereits in Haus wohnhaft war und durch ständig provozierendes Verhalten, Ruhestörungen und Streitigkeiten mit den Wohnungseigentümern aufgefallen ist (vergl. auch OLG Frankfurt vom 27.07.2005 - 20 W 493/04 – NZM 2006, 380). Erforderlich sind jedoch erhebliche Übergriffe, wie Tätlichkeiten oder Beleidigungen, eine schlichte Antipathie reicht dagegen nicht aus (OLG Köln vom 6.8.2009 – 16 Wx 133/08 - ZMR 2011, 55). Auch die Durchführung rechtswidriger baulicher Veränderungen kann ein Versagensgrund sein (LG Köln vom 19.3.2009 - 29 S 45/08 – ZMR 2009, 552). Beabsichtigt der Erwerber das Sondereigentum  gemeinschaftsordnungswidrig zu nutzen, z.B. Wohneigentum zu nicht duldungspflichtigen geschäftlichen Zwecken (z.B. wenn nicht hinnehmbare Lärmemissionen wahrscheinlich sind) oder als Bordell, so kann auch dann die Zustimmung verweigert werden (vergl. OLG Frankfurt vom 19.11.1993, 20 W 376/92 – ZMR 1994, 124; OLG Düsseldorf vom 2.10.1996 - 3 Wx 240/96 - ZMR 1997, 88).    
Eine generelle Zustimmungsverweigerung gegenüber bestimmten Gruppen (z.B. Ausländer, Lebenspartnerschaften, kinderreiche Familien etc.) kann weder beschlossen noch vereinbart werden, da ein solcher Ausschluss willkürlich wäre (BayObLG vom 27.3.1984, BReg 2 Z 25/84; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 12 WEG, Rn 47).  Auch wenn sich durch den Eigentumserwerb die Mehrheitsverhältnisse verändern, selbst wenn ein Eigentümer dann alle anderen Eigentümer überstimmen kann, darf die Veräußerungszustimmung nicht verweigert werden; etwas anderes gilt nur dann, wenn eine missbräuchliche Nutzung der Majorität konkret zu erwarten ist (LG Braunschweig vom 21.09.2010 - 6 S 113/10 – ZMR 2011, 159).
Folgen:
Im 2. Teil dieser Veröffentlichung geht es um die Erteilung der Zustimmung durch den Verwalter und die Möglichkeiten des Veräußerers, die Zustimmung zu erzwingen oder Schadensersatz zu fordern.

Montag, 25. März 2013

Wann haftet der Erbe für Gemeinschaftsschulden des verstorbenen Wohnungseigentümers?

Der Erbe, der das Wohnungseigentum erbt, hat gemäß § 1922 BGB auch alle daraus entstehenden Verbindlichkeiten zu tragen. Immer öfter stellt sich jedoch heraus, dass der Nachlass einschließlich der Wohnung überschuldet ist. Dann kann der Erbe seine Haftung für offene Wohngelder, Sonderumlagen und Abrechnungsspitzen aus Wohngeldabrechnungen, auf das Erbe beschränken, was bedeutet, dass die WEG leer ausgehen kann. Hiergehen bestehen zugunsten der WEG jedoch Handlungsmöglichkeiten.
Bereits im Jahre 1999 entschied das Bayrische Oberste Landesgericht (07.10.1999 - 2Z BR 73/99 - NJW-RR 2000, 306), das Wohngeldschulden, die aus der Verwaltung der Eigentums-wohnung und des gemeinschaftlichen Eigentums herrühren, aber auch nach dem Erbfall gefasste Eigentümerbeschlüsse, die Abrechnungsperioden aus den Lebzeiten des Erblassers betreffen, als Nachlassverbindlichkeiten gelten. Diese Rechtsprechung wurde vom Bundegerichtshof in seinem Urteil vom 23. Januar 2013 (Az. VIII ZR 68/12, GE 2013, 347) sinngemäß bestätigt. Der BGH entschied in dem vorgenannten Urteil, dass ein Erbe für Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1922 in vollem Umfang haftet. Der Erbe kann jedoch selbst nach Ablauf der Erbausschlagungsfrist die sog. Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB erheben. Dies ist stets möglich, wenn das Nachlassvermögen noch nicht einmal für die Kosten der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder der Eröffnung eines Nachlassinsolvenz-verfahrens ausreicht. In diesen Fällen tritt keine persönliche Erbenhaftung ein.
Der Erbe ist jedoch auch nach dieser Rechtsprechung nicht von jeglicher persönlicher Inanspruchnahme der Gemeinschaft ausgeschlossen; er haftet der WEG weiterhin für die sog. Nachlasserbenschulden. Darunter versteht man solche Verbindlichkeiten, die durch den des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses entstehen und die deshalb auch Eigenverbindlich-keiten des Erben sind (vergl. BGH vom 31.01.1990 - IV ZR 326/88 -NJW 1990, 1237). Haften muss der Erbe des Wohnungseigentümers grundsätzlich nur, wenn er sich entschlossen hat, die Wohnung zu behalten (BayObLG vom 07.10.1999 - 2Z BR 73/99 - NJW-RR 2000, 306) oder wenn die Ansprüche gerade aus der eigenen Nutzung durch den Erben resultieren.
Für alle anderen Ansprüche muss es nunmehr als entschieden gelten, dass der Erbe sich auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen darf, mit der Folge, dass die Gemeinschaft leer ausgeht was sogar vom Erben gezielt gesteuert werden kann. Gemäß § 1990 Abs.1 BGB kann der Erbe die Befriedigung eines Gläubigers verweigern, wenn die Nachlassaktiva so geringwertig sind, dass die Kosten einer Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenz-verfahrens nicht gedeckt sind (vgl. Palandt/Edenhofer, § 1990 BGB, Rn 2).  Die pragmatischste Lösung für den Erben ist, dass er kurzfristig nach dem Erbfall den Nachlass von allen Wertsachen „befreit“ und sich sodann auf die Unzulänglichkeitseinrede gemäß beruft. Es mutet befremdlich an, aber dazu ist der Erbe als Eigentümer des Nachlasses berechtigt; insbesondere weil der für die Feststellung der Dürftigkeit maßgebliche Zeitpunkt die Geltend-machung der Einrede ist, nicht der Zeitpunkt des Erbfalls (vergl. BGH vom 9.2.2011 - IV ZR 228/08 – ZVE 2011, 189). Der Erbe ist sogar ganz legal berechtigt, sich ersatzfähige Aufwendungen nach § 1978 Abs.3 BGB aus dem Nachlass zu entnehmen und sich vorrangig zu berücksichtigen (BGH vom 10.11.1982 – IVa ZR 29/81 - NJW 1983, 1485; Roth/Pfeuffer, Praxishandbuch für Nachlassinsolvenzverfahren, S.387). Die Rechtsprechung akzeptiert sogar das Ergebnis, dass der Erbe durch seine Selbstbegünstigung die Dürftigkeit des Nachlasses überhaupt herbeiführt (LG Düsseldorf vom 06.10.2008 - 15 O 314/06 – Rechtsprechungs-datenbank NRW). Selbst an die Gemeinschaft durch den Erben gezahlte Wohngelder darf der Erbe sich durch Verrechnung mit Nachlassaktiva wieder gutschreiben (BayObLG vom 07.10.1999 - 2Z BR 73/99 - NJW-RR 2000, 306).  Steht die Dürftigkeit des Nachlasses fest, weist das Gericht die Klage der Gemeinschaft gegen den Erben ab (BGH vom 23. 11.2013 - VIII ZR 68/12 - GE 2013,347).
Soweit die Gemeinschaft oder deren Verwaltung rechtzeitig Kenntnis davon erlangt, dass der Erbe dabei ist, den Nachlass zu schmälern, kommt die gerichtliche Beantragung einer Nachlassverwaltung in Betracht. Voraussetzung dafür ist eine Gefährdung des Nachlasses, die bereits dann vorliegen kann, wenn sich das Verhalten der Erben unmittelbar oder mittelbar mindernd auf den Nachlassbestand auswirkt, insbesondere eine unwirtschaftliche Vermögens-verwaltung vorliegt (KG vom 28.09.2004 - 1 W 99/04 - NJW-RR 2005, 378).
Selbst wenn der Erbe sich auf die Dürftigkeit des Nachlasses beruft, ist die WEG nicht  völlig schutzlos. Zum einen kann er den Erben auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und zum anderen eine unbegrenzte Haftung des Erben herbeiführen.
Nach der Rechtsprechung des BGH hat der gemäß §§ 1991, 1978 BGB beschränkt haftende Erbe zu persönlichen Zwecken entnommene Gelder gemäß § 667 BGB ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen und herauszugeben (BGH vom 02.07.1992 - IX ZR 256/91 - NJW 1992, 2694).           
Gemäß § 1994 ff. BGB ist es möglich, dass der Erbe unbeschränkt haftet. Voraussetzung ist dafür, dass die Gemeinschaft (nicht ein einzelner Eigentümer) beim zuständigen Nachlass-gericht (abweichende Zuständigkeitsregelungen in verschiedenen Bundesländern) beantragt, dem Erben eine Frist zur Errichtung eines Nachlassverzeichnisses (Inventar) zu setzen. Die WEG muss dazu ihre eigenen Ansprüche gegenüber dem Nachlassgericht glaubhaft machen. Legt der Erbe kein Inventar vor, oder kann nachgewiesen werden, dass dieses vorsätzlich unvollständig ist, so haftet der Erbe gemäß § 1994, 2005 BGB unbeschränkt. Der Antrag auf Errichtung des Inventars ist selbst dann noch zulässig, wenn sich der Erbe auf bereits auf die Dürftigkeit des Nachlasses i.S.v. § 1990 BGB berufen hat (BGH vom 02.07.1992 – IX ZR 256/91 – NJW 1992, 2694). Bestehen Zweifel an der Richtigkeit des Inventars, kann das Gericht dessen Bestätigung durch eine Eidesstattliche Versicherung des Erben anordnen. Verweigert der Erbe dies, so haftet er auch dann unbeschränkt.
In Anbetracht der für die Gemeinschaft sehr nachteiligen Rechtslage ist schnelles Handeln erforderlich, wenn sich Anzeichen ergeben, dass die Erben des Eigentümers den Nachlass verringern. Die dafür erforderlichen gerichtlichen Verfahren sind von Laien fast gar nicht und selbst von kompetenten Hausverwaltungen kaum zu bewältigen, sodass sich die rechtzeitige Einschaltung eines Anwaltes empfiehlt.

Donnerstag, 21. März 2013

Maklerrecht für Wohnungseigentümer 2: Provision auch bei Möngeln an der Wohnung?

So mancher Makler vergisst leichtfertig, wer sein Kunde ist: Oftmals ist es nicht der verkaufende Eigentümer, der seine Wohnung veräußern will, sondern der Kaufinteressent. Letzterem schuldet der Makler seine volle Loyalität; der Bundesgerichtshof spricht hierbei von einem besonderen Treueverhältnis, dass der Kunde von seinem Makler erwarten kann. Verstößt der Makler hier gegen, haftet er nicht nur auf Schadensersatz, sondern verwirkt seinen Provisionsanspruch.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht der Makler zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis, aus dem sich für ihn eine Fülle von Nebenpflichten ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrung gebietet regelmäßig, den Auftraggeber über alle dem Makler bekannten Umstände aufzuklären, die für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteile vom 18.1.2007, Az: III ZR 146/06; vom  8.7.1981, Az: IVa ZR 244/80 (NJW 1981, 2685) und vom 28.9.2000, Az: III ZR 43/99 (NJW 2000, 3642)). Nach diesen Entscheidungen verletzt der Makler dann seine Pflichten gegenüber seinem Auftraggeber, wenn er Eigenschaften des Objekts behauptet oder sonstige - eigene oder sich zu Eigen gemachte - Informationen über dieses erteilt, ohne sich die dafür erforderlichen Grundlagen verschafft zu haben. Zwar trifft den Makler in der Regel keine Nachprüfungs- oder Erkundigungspflicht, wenn er auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen durfte. (vgl. auch BGH NJW 1982, 1147; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996,1525; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 26. September 2001, Az. 7 U 3/01 NJW-RR 2002, 778). Der Makler ist nach der Rechtsprechung Wissensvermittler und schuldet grundsätzlich dem Auftraggeber nicht die Vornahme von Ermittlungen, sondern nur dir richtige Weitergabe der erhaltenen Information (vgl. OLG München, NJW 1956, 1760, OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1524, (1525)). Doch der Makler muss nicht nur eigenes Wissen weiter geben, sondern muss sich auch das Wissen seiner Kollegen oder gar der Firmenmutter zurechnen lassen – all dies ist dem Kunden zu offenbaren (vergl. AG Mannheim Urteil, vom 13.1.2012, 3 C 273/11).

Zunehmend höhlt die Rechtsprechung diesen Grundsatz aus. Sind die Angaben des Verkäufers widersprüchlich (BGH, Urteil vom 2.2.1983, NJW 1983, 1730 (1731)) oder hätten sich für den Makler Zweifel daran aufdrängen müssen, dann muss der Makler weitere Erkundigungen selbständig durchführen. Kann der Makler den Sachverhalt nicht aufklären, so muss er darüber seinen Kunden nachweisbar aufklären (BGH, Urteile vom 18.1.2007, Az: III ZR 146/06; vom  8.7.1981 und vom 28.9.2000, Az: III ZR 43/99 (NJW 2000, 3642)). Verwendet der Makler Informationen des Verkäufers in einem eigenen Exposé über das Objekt, muss er alle Informationen sorgfältig auf Widersprüche prüfen und auch das Objekt sondieren. Der Makler darf sich nämlich dann nicht auf die Informationen des Verkäufers verlassen, wenn diese „…nach den in seinem Berufsstand vorauszusetzenden Kenntnissen ersichtlich als unrichtig, nicht plausibel oder sonst als bedenklich einzustufen sind…“ (so ausdrücklich der BGH in seinem Urteil vom 18.1.2007, Az: III ZR 146/06). Diese Rechtsprechung eröffnet jedoch den Landgerichten ein weites Feld um berechtigte Provisionen der Makler abzuschmettern: Der Makler hätte an der Bemoosung des Dachs dessen Alter erkennen müssen, oder fehlenden Anschluss des Hauses an die öffentliche Wasserversorgung am Druck des Leitungswasser erkennen müssen. Auch laienhafte Aus- und Anbauten sollen grundsätzlich Zweifel des Maklers am Vorhandensein einer Baugenehmigung begründen. Nur wenn der Kunde nachweisbar (!) das Abweichen der Exposeangaben von der Realität erkennen konnte, dann entfallen für den Makler weiter gehende Plichten.

Ist das Gericht der Auffassung, dass der Makler sein Wissen nicht weiter gegeben hat, oder bei leichten Zweifeln zumutbare Erkundigungen nicht angestellt hat, so verwirkt er seine Provision, auch eine bereits bezahlte Provision kann vom Kunden zurückgefordert werden. Dabei kommt es nicht einmal darauf an, dass der Maklerkunde durch den Kauf des Objekts einen Schaden in Höhe der Provision erlitten hat (Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Auflage, Rn 719).

Auffällig ist, dass sich viele Makler gerade in der Phase der ersten Inanspruchnahme durch den Kunden sich in viele Widersprüche verstricken, die dann erst recht zur Verwirkung der Provision führen. Das rechtzeitige Einschalten eines kompetenten Anwaltes kann über die Provision entscheiden. Auf das Maklerrecht spezialisierte Anwälte sind oft unter den Fachanwälten für Miet- und Wohnungseigentumsrecht zu finden, da diese Fachanwaltsausbildung auch das Maklerrecht beinhaltet.

Dienstag, 12. März 2013

Maklerrecht für Wohnungseigentümer: Der Maklervertrag

Bei vielen Verkäufen von Eigentumswohnungen sind Makler beteiligt; die Maklerprovision stellt für den Wohnungseigentümer oftmals den „zweiten Kaufpreis“ dar. Grund genug sich genauer mit der Berechtigung von Maklerprovisionen beim Kauf von Eigentumswohnungen zu beschäftigen
Der Maklervertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Für die Vermittlung von Eigentumswohnungen ist eine bestimmte Form nicht gesetzlich vorgeschrieben, wodurch Maklerverträge auch durch mündliche Vereinbarungen oder sogar durch konkludentes Handeln (stillschweigend) zustande kommen können. Gerade bei nicht schriftlich geschlossenen Verträgen ergibt sich oft die Schwierigkeit, dass nicht klar ist, wer die Provision bezahlen muss. Anders als im Dienstvertragsrecht, wo es im Allgemeinen für einen Vertragsabschluss ausreichend ist, dass der Auftraggeber Leistungen seines Gegenübers in Anspruch nimmt, wird ein Maklervertrag nur dann geschlossen, wenn Makler und Interessent eine Vereinbarung über die Provision schließen. Da der Makler entweder vom verkaufenden Eigentümer oder vom Kaufinteressenten bezahlt werden kann, muss der Makler mit seinem Vertragspartner eine nachweisbare (!) Einigung über seine Bezahlung treffen.
Bereits mehrfach hatte sich der Bundesgerichtshof mit Problemen im Zusammenhang mit nicht schriftlich geschlossenen Maklerverträgen beschäftigt und dabei bestätigt, dass ein solches Vertragsverhältnis auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten begründet  werden kann, wofür jedoch der Makler grundsätzlich eine Einigung über die Provision nachweisen muss (BGH vom 3.5.2012, Az: III ZR 62/11, NJW 2012, 2268). Der Interessent, der sich an einen Makler wendet, der mit "Angeboten" werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Interessent darf, soweit ihm nicht eindeutig etwas Gegenteiliges bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler im Interesse und auf Kosten des Verkäufers der Wohnung handelt. Ohne Weiteres braucht der Interessent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler von ihm eine Provision erwartet (BGH vom 22.09.2005 zu Az. III ZR 393/04, NJW 2005, 3779, m.w.N.).
Nur wenn der Makler also deutlich macht, dass seine Tätigkeit für den Kunden provisionspflichtig ist, kann das Erbringen weiterer Leistungen für den Kunden den rechtlich verbindlichen Abschluss eines Maklervertrages begründen. Für einen solchen Fall hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. November 2006 (Az: III ZR 57/06) ausgeführt:
„Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis des eindeutigen Provisionsverlangens die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will.“
Ein solches Provisionsverlangen gegenüber dem Interessenten kann in der Zeitungsannonce oder dem Internetauftritt des Maklers enthalten sein, wo ausdrücklich auf eine Zahlungspflicht des Interessenten bei erfolgreicher Vermittlung hingewiesen wird (BGH vom 11.04.2002, Az: III ZR 37/01, NJW 2002, 1945). Die Bezugnahme des Interessenten auf die Anzeige mit Klarstellung der Provisionspflicht ist rechtlich als Nachweis- oder Vermittlungsersuchen anzusehen, wobei es für den Vertragsschluss unschädlich ist, dass der Makler die Details des angefragten Objekts noch nicht konkretisiert hat (BGH vom 3.5.2012, Az: III ZR 62/11, NJW 2012, 2268). Händigt dagegen der Makler sein Exposé mit dem Provisionsverlangen erst anlässlich einer Besichtigung des Objekts aus und liest es der Kunde dann nicht durch, kann sich der Kunde immer noch darauf berufen, dass ihm die Provisionsforderung nicht bekannt war. Der Makler muss daher dafür Sorge tragen, dass der Kunde beweisbar (!) das Exposé und die Provisionspflicht zur Kenntnis nimmt, bevor eine Besichtigung erfolgt. Nur dann kann seine Tätigkeit als provisionspflichtig für den Interessenten angesehen werden.
Erforderlich für den Abschluss des Maklervertrages ist nur eine Klarstellung der Provisionspflicht für den Interessenten an sich, nicht aber eine Regelung über deren genaue Höhe. So reicht grundsätzlich der Hinweis auf die Provisionspflicht des Käufers in der Maklerannonce (BGH vom 3.5.2012, Az: III ZR 62/11, NJW 2012, 2268). Fehlt eine Vereinbarung über die Provisionshöhe, so gilt die übliche Provision im Erfolgsfalle als geschuldet (BGH vom 6.12.2001, Az: III ZR 296/00, NJW 2002, 817).

Ein stillschweigender Vertragsschluss scheidet aber dann aus, wenn der Maklerkunde ausdrücklich die Provisionszahlung ablehnt (BGH, vom 4.10.1995, Az: IV ZR 163/94, NJW-RR 1996, 114 (115)).  Gleiches gilt, wenn der Maklerkunde nach Zugang des Exposés keine Dienste des Maklers in An­spruch nimmt oder er eine weitere Tätigkeit des Maklers ausdrücklich ablehnt. Ein „Aufdrängen“ von Informationen durch den Makler führt dann nicht zum Abschluss eines Maklervertrages, selbst wenn der Interessent diese Kenntnisse zum Abschluss des Kaufvertrages verwendet (BGH vom 25.09.1985, I a ZR 22/84, NJW 1986, 177). Erbringt der Makler trotz der Ablehnung weitere Leistungen, selbst Verkaufsverhandlungen, für dem Interessenten, so kann selbst dann noch die Provisionspflicht entfallen, weil nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dann immer noch die Möglichkeit bestünde, dass der Makler vom Veräußerer bezahlt würde (BGH vom 2.7.1986, Az: IVa ZR 246/84, NJW-RR 1986, 1496 (1497)).
Der vom Makler zu beweisende Abschluss eines Maklervertrages ist von zentraler Bedeutung für den Provisionsanspruch. Ist kein Vertrag wirksam zu Stande gekommen, so wird der Makler nur schwerlich einen Anspruch durchsetzen können, selbst wenn der Vertrag über die Eigentumswohnung auf Grund des von ihm vermittelten Wissens zu Stande gekommen ist. In seinem Urteil vom 7. Juli 2005 (Az: III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572) tenorierte der BGH:
„Wenn es an einem wirksamen Maklervertrag fehlt, vermag allein der Umstand, dass der Vertragsinteressent durch den Nachweis oder die Vermittlung eines Maklers zum Vertragsschluss gelangt ist, einen Bereicherungsanspruch desselben gegen den Interessenten auf Zahlung einer Provision nicht zu begründen.“
Begründet wird dies mit dem Argument, dass die Rechtsordnung keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener Informationen kenne; nur auf vertraglicher Grundlage könne ein Entgelt verlangt werden (So auch BGH vom 23.09.1999, Az: III ZR 322/98, NJW 2000, 72 (73) Fall eines Erbenermittlers). Selbst wenn der Interessent eine Besichtigung de der Eigentumswohnung vereinbart, und zusammen mit dem Makler durchführt  oder der Interessent auf Grund der vom Makler preisgegebenen Informationen in die Lage versetzt wird, mit dem Eigentümer einen Kaufvertrag abzuschließen, reicht dies – ohne dass zuvor ein Maklervertrag geschlossen wurde - weder für einen schlüssigen Vertragsschluss aus, noch für einen Schadensersatzanspruch wegen treuwidrigem Verhalten (BGH vom 25.09.1985, IV a ZR 22/84, NJW 1986, 177). Benennt der Makler, ohne vorherige Provisionsvereinbarung mit dem Interessenten das Objekt, so handelt er, soweit ihn die Erwartung einer späteren Provisionszusage leitet, auf eigenes Risiko. Verwirklicht sich dieses Risiko, so können dessen nachteilige Folgen dem Makler nicht mit dem Hinweis auf das Gebot von Treu und Glauben abgenommen werden (BGH vom 25.09.1985, IV a ZR 22/84, NJW 1986, 177). Im Gegenteil wird die ungefragte Übermittlung von Informationen durch den Makler nie ausreichend sein, um einen Zahlungsanspruch gegen den Interessenten zu begründen (Vergl. Hamm/Schwerdner, Maklerrecht, 6.Aufl., Rn 120).
Fazit:
Auch der Maklervertrag kann stillschweigend durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden, die Gerichte stellen daran jedoch hohe Anforderungen, insbesondere an die Vereinbarung der Provision. Oftmals benennen Makler im Exposé ihr Provisionsverlangen gleichzeitig mit dem Nachweis des Objekts. Nutzt der Interessent - ohne einen Maklervertrag geschlossen zu haben - die Information aus, kann der Makler gegen den Interessenten grundsätzlich keine Ansprüche geltend machen, weder hinsichtlich der Provision noch auf Schadens- oder Wertersatz. Kann der Makler also keinen Vertrag mit seinem Kunden beweisen, dann besteht auch seine Provisionsforderung nicht zu Recht. Selbst eine bereits vom Kunden gezahlte Provision kann im Allgemeinen erfolgreich zurückgefordert werden.