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Dienstag, 29. Juli 2014

Verbindung von Eigentumswohnungen - Wanddurchbrüche


Selbst nutzende Eigentümer erhalten oftmals die Möglichkeit eine benachbarte Eigentumswohnung zu erwerben. Um aus den zwei baulich getrennten – abgeschlossenen - Einheiten eine einheitliche Wohnung zu schaffen, sind Wand- oder Deckendurchbrüche erforderlich. Hausverwalter und die anderen Eigentümer lehnen solche Maßnahmen oft ab; dabei werden folgende Argumente üblicherweise angeführt:

  • Die Teilungserklärung werde dadurch falsch, da die dort geregelte Abgeschlossenheit der Wohnungen aufgehoben wird.
  • Erhöhter Lärm durch intensivere Nutzung der Räume.
  • Befürchtung von nachteiligen Auswirkungen des Durchbruchs auf die Statik des Gebäudes und dessen Brandsicherheit.
     

Bereits mehrfach hatte sich die Rechtsprechung mit diesen Themen zu beschäftigen. In diesen Klageverfahren forderten zumeist einige Eigentümer das Wiederverschließen eines eigenmächtig erstellten Durchbruchs. In allen Verfahren hatten die Gerichte die Frage zu beantworten, ob ein Wand- oder Deckendurchbruch für die benachbarten Eigentümer ein über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG darstellt, oder als zustimmungspflichtige bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs.1 WEG anzusehen ist. Nach vorangegangener divergierender Rechtsprechung der Land- und Oberlandesgerichte (z.B. KG Berlin, 17.02.1993 - 24 W 3563/92 - WuM 1993, 292; OLG Zweibrücken vom 15.10.1999 - 3 W 149/99 - ZMR 2000, 254, sind die wesentlichen Fragen durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.12.2000 (Az: V ZB 45/00, ZMR 2001, 289) ausentschieden worden. Dabei stellte der Bundesgerichtshof fest, dass nicht jede Veränderung des Gemeinschaftseigentums unzulässig ist; dies kommt erst in Betracht, wenn Veränderung als  nicht hinzunehmende Nachteile im Sinne von §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG“ anzusehen und die anderen Eigentümer dadurch besonders betroffen sind. Veränderungen sind erst dann nicht hinzunehmen, wenn sie bei objektiver Betrachtung konkrete und nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung darstellen. Entscheidend ist, ob sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (siehe auch: BGH vom 19.12.1991 - V ZB 27/90 - BGHZ 116, 392 (396), NJW 1992, 978).

Verstoß gegen die Abgeschlossenheitsregeln der Teilungserklärung:

In seinem Urteil vom 21.12.2000 stellt der Bundesgerichtshof (Az: V ZB 45/00, ZMR 2001, 289) klar, dass durch einen Wanddurchbruch zwischen zwei angrenzenden Sondereigentumseinheiten die Abgeschlossenheit der Wohnungen im Sinne von § 3 Abs. 2 WEG entfällt, dies aber mit keinem Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer verbunden ist. Zum einen lässt die nachträgliche Aufhebung der Abgeschlossenheit den Bestand und den Umfang des in der Teilungserklärung ausgestalteten Wohnungseigentums unberührt und führt nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs. Zum anderen ist § 3 Abs. 2 WEG nur als Sollvorschrift ausgestaltet und nur auf den Schutz derjenigen Wohnungseigentümer gerichtet, deren Wohneinheiten durch die fehlende oder weggefallene Trennung beeinträchtigt werden. Wenn sich jedoch beide Wohnungen in der selben Hand befinden, scheidet eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer aus.

Nachteile durch intensivere Nutzung:

Der Bundesgerichtshof (Az: V ZB 45/00, ZMR 2001, 289) hält es für möglich, dass ein nicht zu duldender Nachteil für die übrigen Eigentümer sich einer intensiveren Benutzung der vergrößerten Räumlichkeiten ergeben könnte. Allein auf Grund der Veränderung von Anzahl und Größe der in der Anlage vorhandenen Wohnungen besteht eine solche Gefahr jedoch nicht.  Erforderlich seien konkrete Anhaltspunkte dafür, dass durch Verbindung der Wohnungen eine erheblich vermehrte und störendere Nutzung der Räumlichkeiten erfolgt. Allein durch einen Wanddurchbruch ist dies nicht gegeben, im  Gegenteil entfällt die sonst zulässige Benutzung des  Treppenhauses, um von einer Wohnung in die andere zu gelangen.

Dagegen können nicht mehr hinnehmbare Nachteile durch eine konkret bevorstehende  intensive gewerbliche Nutzung entstehen, zumindest wenn die konkret zu erwartenden Einwirkungen auf das Gemeinschaftseigentum im Allgemeinen oder andere Wohnungen im Besonderen deutlich über dem Maß einer normalen Wohnungsnutzung liegen (OLG Köln vom 27.06.2005 - 16 Wx 58/05 - NZM 2005, 785). Zu beachten ist jedoch, dass in solchen Fällen nicht der Wanddurchbruch die Ursache der nachteiligen Veränderung ist, sondern die vom Eigentümer angestrebte neue Nutzung der Wohnung. Daher beurteilt sich diese Frage nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Nutzungsänderung. Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15. Januar 2010 (Az: V ZR 72/09, ZMR 2010, 378) klarstellte, ist ein Wohnungseigentümer im Allgemeinen nicht verpflichtet, die Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen. Aus Art.14 GG i.V.m. § 13 Abs.1 WEG folgt das Recht, die Wohnung auch zu anderen Zwecken zu nutzen.  So wurde es von der Rechtsprechung als zulässig angesehen, die Eigentumswohnung als  Ingenieurbüro (OLG Zweibrücken vom 27.05.1997 - 3 W 81/97 - ZMR 1997, 482) oder als Patentanwaltskanzlei (OLG Köln vom 15.02.2002 - 16 Wx 232/01 - ZMR 2002, 380) oder als Ferienwohnung (BGH vom 15. Januar 2010 - Az: V ZR 72/09, ZMR 2010, 378) zu nutzen, da im Allgemeinen von diesen Nutzungen keine höheren Störungen ausgehen, als bei einer normalen Wohnnutzung. Bei Auswertung der Entscheidungsgründe der hierzu ergangenen Urteile werden zumindest solche Nutzungen allgemein zulässig sein, die keine höheren Immissionen als eine mehrköpfige Familie verursachen (vergl. OLG Köln vom 15.02.2002 - 16 Wx 232/01 - ZMR 2002, 380). Die Grenze ist dort zu ziehen, wo durch die abweichende Nutzung  Beeinträchtigungen auftreten, die signifikant höher sind als bei einer Wohnnutzung (BGH vom 15. Januar 2010 - Az: V ZR 72/09, ZMR 2010, 378). Das OLG Frankfurt konkretisierte in seinem Urteil vom 21.07.2005 (Az: 20 W 284/03, NZM 2006, 144) diese Voraussetzungen: Ob eine gewerbliche Nutzung störender sei, als eine reine Wohnnutzung sei allein im Rahmen einer typisierenden bzw. generalisierenden Betrachtung zu entscheiden: Maßgeblich sei der  Gebrauch nach seiner Art und Durchführung und die danach zu erwartende Besucherfrequenz bzw. Mitarbeiterzahl sowie die örtlichen (Umfeld und Lage im Gebäude) und zeitlichen (z.B. Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen.  Sind dagegen die typischer Weise zu erwartenden Immissionen erheblich stärker, als bei einer Wohnnutzung, darf dem dies beantragenden Eigentümer eine gewerbliche Nutzung nicht aus wichtigem Grund versagt werden. Wenn jedoch eine gewerbliche Nutzung bereits nach der Teilungserklärung allgemein zulässig ist, oder über eine solche Nutzung bereits ein bestandskräftiger Beschluss gefasst wurde (so ausdrücklich BGH vom 21.12.2000 - V ZB 45/00 - ZMR 2001, 289), können sich die anderen Eigentümer nicht einmal die Versagung auf einen wichtigen Grund stützen.

Nachteilige bautechnische Einwirkungen:

Die größte Praxisrelevanz haben jedoch durch einen Durchbruch in einer tragenden Wand hervorgerufene nachteilige bautechnische Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, kann ein Nachteil der anderen Wohnungseigentümer im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG erst dann ausgeschlossen werden, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass ein wesentlicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums unterblieben ist, insbesondere zum Nachteil der übrigen Eigentümer keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen wurde (BGH v. 21.12.2000 - V ZB 45/00 - ZMR 2001, 289; BGH v.19.12.1991 - V ZB 27/90 - ZMR 1992, 167). Auch Belange des Schallschutzes können solche negativen Auswirkungen darstellen (OLG München v.10.04.2006 - 34 Wx 21/06 - ZMR 2006, 643). Wenn aber der die Veränderung betreibende Wohnungseigentümer durch ein statisches Gutachten und ein Brandschutzgutachten nachweist, dass der Durchbruch nicht zu einer Gefährdung des Gemeinschaftseigentums führt, und widerspricht die Wohnungsverbindung auch nicht dem Baurecht oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, so bedarf das Durchbruchsvorhaben der Zustimmung der anderen Eigentümer nicht (BGH. 21.12.2000 - V ZB 45/00 - ZMR 2001). Dies gilt jedoch nicht, wenn der äußere Eindruck des Gebäudes verändert wird, oder die Gefahr zukünftiger Mehrkosten und/oder Schäden konkret besteht (OLG Celle, 21.05.2002 - 4 W 93/02 - ZWE 2002, 533).

Betrifft der Mauerdurchbruch eine nicht tragenden Wand, bestehen seitens der übrigen Wohnungseigentümern keine beachtlichen Einwände. Nichttragende Wände sind grundsätzlich dem Sondereigentum zuzurechnen, sodass sich daraus bereits eine sehr weit gehenden Alleinverfügungsbefugnis des betreffenden Eigentümers ergibt. Insbesondere sind bei einer nicht tragenden Wand keine Beeinträchtigung der Gebäudestatik oder sonstige Nachteile ernsthaft zu befürchten (BGH vom 21.12.2000 - V ZB 45/00 - ZMR 2001, 289).

Fazit:

Die recht großzügige Handhabung der Zulässigkeit von Mauerwerksdurchbrüchen zur Zusammenlegung von zwei Eigentumswohnungen sollte nicht zu voreiligen Handlungen verleiten. Grundsätzlich ist jede Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums eine bauliche Veränderung worunter auch Eingriffe in das Mauerwerk zählen. Soweit bauliche Maßnahmen nicht gänzlich unerheblich sind (wie das Versenken eines Dübels), sind diese zustimmungsbedürftig nach Maßgabe des § 22 WEG. Auf die Zustimmung der anderen WEG-Eigentümer kann aber nur dann verzichtet werden, wenn der Durchbruch keine optischen, finanziellen oder technische Auswirkungen hat, die ohne die Wohnungsverbindung nicht eintreten würden (OLG Celle, 21.05.2002 - 4 W 93/02 - ZWE 2002, 533). Haben die betroffenen anderen Eigentümer jedoch die Zustimmung erteilt, kann sie nicht mehr widerrufen werden, auch die Erwerber der Wohnung sind an eine einmal erteilte Zustimmung gebunden (OLG München v.30.03.2007 - 34 Wx 132/06 -  ZWE 2007, 318).

 

 

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