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Freitag, 9. August 2013

Realteilung des WEG Grundstücks: Nicht ohne die Bank

Gerade bei Mehrhausanlagen stellt sich oft die Frage einer Realteilung – was die Eigentümer des einen Hauses wollen, wird von den anderen nicht mitgetragen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Bundesgerichtshof die Verwaltung durch Untergemeinschaften in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2012 zu Az. V ZR 231/11 (veröffentlich in NJW-RR 2012, 1291 bzw. NZM 2012, 766) stark eingeschränkt hat, wird für jedes Haus die volle rechtliche Selbständigkeit angestrebt. Wenn trotz der hohen Kosten für Neuvermessung der Grundstücke, Grundbuchamt etc. alle Eigentümer beider Häuser eine Teilungsvereinbarung bejahen (ein Beschluss ist hier nicht möglich), müssen die finanzierenden Banken beteiligt werde. Gleiches gilt, wenn die Gemeinschaft einen Teil des WEG-Grundstücks verkaufen will.
Nach übereinstimmender Rechtsprechung muss jede Veränderung, die zu einer Veränderung des Miteigentums am Gemeinschaftseigentum führt von den finanzierenden Banken genehmigt werden. Notwendig ist die Pfandhaftentlassung (Löschungsbewilligung)  des abzuschreibenden Anteils am Gemeinschaftseigentums durch die Grundpfandrechtsgläubiger (Banken). Dies bedeutet, dass jeder Eigentümer, dessen Wohnung noch für einen Kredit als Sicherheit haftet, nicht ohne Zustimmung seiner Bank seinen Anteil am Gemeinschaftseigentum verändern darf.
Die Wohnungseigentümer können zwar den ihrem Sondereigentum zugrunde liegenden Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum durch Änderungsvereinbarung und Auflassungserklärung für sich vergrößern/verkleinern. Da der Miteigentumsanteil nicht dem Wert des Sondereigentumsbereichs entsprechen muss, bedarf es nicht der gleichzeitigen Anpassung der Sondereigentumsrechte (BGH vom 18.06.1976 - V ZR 156/75 - NJW 1976, 1976). Von dieser Änderung rechtlich betroffen sind die am Sondereigentum berechtigten dinglichen Gläubiger (die Banken), weil sich der zum Sondereigentum gehörende  Miteigentumsanteil verkleinert (die Belastungen am abgespaltenen Anteil, also am anderen Grundstück, sollen ja erlöschen). Ausdrücklich tenorierte bereits 1993 das Bayerische Oberste Landesgericht (vom 16.04.1993 - 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043):
Wird die Größe der Miteigentumsanteile sämtlicher Wohnungseigentumsrechte ohne Änderung des zugehörigen Sondereigentums verändert, so sind hierzu entsprechende Rechtsänderungs- und Auflassungserklärungen aller Wohnungseigentümer erforderlich und die Zustimmung der dinglich Berechtigten an den Wohnungseigentumsrechten, deren Miteigentumsanteil kleiner wird, ferner eine Pfandunterstellung seitens der Wohnungseigentümer, deren Miteigentumsanteil sich vergrößert.“

Daher ist es notwendig, dass die Banken der Grundstücksteilung zustimmen und damit die Pfandfreigabe (Löschungsbewilligung) für den abgespaltenen Anteil erklären (OLG Hamm vom 28.05.1998 - 15 W 411/97 - ZMR 1999, 197 ; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 6 Rn 9 ; Bärmann/Armbrüster, WEG, 11. Aufl., § 5, Rn 13).
Da eine Grundstückteilung zumeist dazu führt, dass die neu geschaffenen Grundstücksteile nie gleich groß sind, sind Genehmigungsprobleme mit der finanzierenden Bank vorprogrammiert. Ein  Rechtsanspruch gegen die Bank auf Zustimmung zur Pfandhaftentlassung hinsichtlich des abzutrennenden Grundstücksteils wird überwiegend abgelehnt, selbst wenn sich die Haftungsmasse der Bank dadurch kaum verringert. Wenn eine Realteilung des WEG-Grundstücks im Raume steht, sollte jeder Eigentümer sollte vorher klären, ob seine Bank bei einer Realteilung mitspielt.  

Mittwoch, 17. Juli 2013

Balkone in der WEG: Instandsetzungskosten und Nutzungsrecht

Gerade im Zuge von Instandsetzungsmaßnahmen geht es immer wieder um die Sanierungskosten von Balkonen: Eigentümer ohne Balkon wollen die Sanierung, die zumeist nur wenigen anderen Eigentümern zu Gute kommt, nicht mittragen. In den meisten Fällen werden aber alle Eigentümer die Sanierung eines Balkons oder Teilen davon mittragen müssen.

Grundsätzlich sind Balkone als Bestandteile der äußeren Hülle des Gebäudes und insbesondere wegen Ihrer tragenden uns abdichtenden Elemente dem Gemeinschaftseigentum zuzuorden. Wenn also nichts abweichendes in der Teilungserklärung vereinbart ist, dann gehören die Balkone zum Gemeinschaftseigentum und sind grundsätzlich dann auch von der Gemeinschaft auf deren Kosten in Stand zu halten. Balkone sind aber grundsätzlich sondereigentumsfähig, d.h. die Teilungserklärung kann die Balkone durch eine Bestimmung auch dem Sondereigentum einer bestimmten Wohnung zuordnen. Eine solche Regelung ist für Balkone üblich und wichtig, weil das jedem Wohnungseigentümer gemäß § 13 Abs. 2 WEG zustehende Mitgebrauchsrecht am Gemeinschafseigentum ja an einem Balkon von anderen Eigentümern nicht durchgesetzt werden kann (vergl. BayObLG v. 17.09.2003 - 2Z BR 179/03 - ZMR 2004, 132; OLG Düsseldorf v. 21.12.1998 - 3 Wx 418/98 - ZMR 1999, 350; OLG Frankfurt v. 3.4.1997 - 20 W 90/97 - ZMR 1997, 367). Fehlt eine solche Regelung in der Teilungserklärung muss der Eigentümer der an den Balkon angrenzenden Wohnung dennoch nicht die Mitbenutzung der anderen WEG-Eigentümer dulden – es besteht dann ein faktisches Sondernutzungsrecht am Balkon (Armbrüster in Bärmann, 12. Auflage, § 5 Rn 58).

Mit der Zuordnung des Balkons zum Sondereigentum, wird aber keine Aussage darüber getroffen, dass auch die konstruktiven und optisch die Fassade prägenden Bestandteile des Balkons dem Sondereigentum unterfallen. Dies mit dem Bundesgerichtshof zu verneinen (BGH v.25.01.2001 - VII ZR 193/99 – NJW-RR 2001, 800).
Wie sich zumeist aus der Teilungserklärung ergibt, sind die Balkone in einem inhaltlichen Kontext typischer Sondereigentumsbestandteile wie Putz, Fußbodenbelag und Verkleidungen genannt. Bereits daraus ergibt sich, dass das Sondereigentum am Balkon in erster Linie nur die Nutzung des Eigentümers der angrenzenden Wohnung sichern soll und sachlich nur Wandfarbe, Putz und Bodenbelag umfasst. Alle konstruktiven und die der Sicherheit dienenden Bestandteile eines Balkons, stehen diese Balkonteile zwingend im Gemeinschaftseigentum (BayObLG vom 17.12.1993, 2Z BR 105/93, WE 1994, 314, dort zur Dachterrasse). Im Wesentlichen ist entschieden, dass die folgenden Elemente zwingend zum Gemeinschaftseigentum zählen:

·         alle konstruktiv tragenden Elemente (OLG Hamm v.16.09.1988 - 26 U57/88 - ZMR 1989, 99),
·         alle Absturzsicherungen wie Geländer (OLG Düsseldorf v.9.08.1991 - 22 U20/91 - ZMR 91, 486; BayObLG v.25.09.1996 - 2Z BR79/96 - WuM 1997, 188),
·         die Balkonbrüstung einschließlich Deck- und Kronenbleche (BayObLG v.30.03.1990 - 2Z BR 31/90 - WE 1990, 138),
·         die Feuchtigkeitsisolierungsschichten auf der Balkonplatte (BGH v.25.01.2001 - VII ZR 193/99 – NJW-RR 2001, 800)
·         Trennwände zwischen Balkonen verschiedener Wohnungen (BayObLG v.1.2.2001 – 2 Z BR 68/00 – GE 2001, 775).
·         die tragenden Bestandteile der Balkondecke (OLG Zweibrücken v.21.9.1999 - 3 W 141/99 - NZM 2000, 294)
·         die Balkontüren (Armbrüster in Bärmann, 11.Aufl., § 5 Rn 59)
·         die Wärmedämmschicht (OLG Hamm, 20.11.2006 - 15 W 166/06 - ZMR 2007, 296).
·         der Estrich (OLG Hamm, 20.11.2006 - 15 W 166/06 - ZMR 2007, 296).

Gemeinschaftseigentum gehörenden Bestandteile dürfen auch nicht von den betroffenen Sondereigentümern verändert oder beseitigt werden (BayObLG v.1.2.2001 – 2 Z BR 68/00 – GE 2001, 775). Trifft die Gemeinschaftsordnung zweideutige Regelungen zum Umfang des Sondereigentums, so ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln, dass nur die nachfolgenden Sondereigentumsfähigen Bestandteile gemeint sind (zu „Balkonboden“: OLG München v.30.6.2007 - 34 Wx 116/06 - NZM 2007, 369)

·         der begehbare Boden-/Plattenbelag z.B. Fliesen (BayObLG, Beschluss v. 17.12.1993 - 2Z BR 105/93 - WE 1994, 314; BayObLG, ZWE 2004, 93).
·         der Innenputz und Innenanstrich, nicht jedoch wenn von außen sichtbar (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 5 Rn 29).

In diesen dem Sondereigentum unterfallenden Bereichen fehlt der Wohnungseigentümergemeinschaft sogar die Beschlusskompetenz: Gegen den Willen des betroffenen Eigentümers darf die Gemeinschaft keine Entscheidungen über die Gestaltung des Sondereigentums treffen, z.B. nicht über die Art der Balkonfliesen (OLG Köln vom 5.12.2000 – 16 Wx 121/00 – ZMR 2001, 568).

Werden die o.g. Bestandteile, die sonst in Ordnung waren nur deshalb beschädigt, weil das darunter liegende Gemeinschaftseigentum in Stand gesetzt wird, so trägt gemäß § 14 Nr.4 WEG die Gemeinschaft auch der Wiederherstellungskosten des durch die Arbeiten beschädigten Sondereigentums (BayObLG  v.6.2.1987 - 2 Z 93/86 - ZMR 1987, 227; OLG Düsseldorf v.22.11.2005 – 3 Wx 140/05 – ZMR 2006, 459, GE 2006, 94). Allerdings kann ein Mitverschulden zu einer Reduzierung des Anspruchs führen (OLG Schleswig v.13.07.2006 - 2 W 32/06 - NJW-RR 2007, 448).

Grundsätzlich muss das Gemeinschaftseigentum auf Kosten der Gemeinschaft in Stand gesetzt werden. Es ist jedoch möglich, dass abweichende Regelungen bestehen. In dem am 16. November 2012 vom Bundesgerichtshof ( Az: V ZR 9/12 - NJW 2013, 681) entschiedenen Fall war in der Teilungserklärung eine ausdrückliche Anordnung zur Kostentragung für die Balkone enthalten. Dies hatte die Folge, dass der betroffene Sondereigentümer auch für die Kosten der Instandsetzung der tragenden Teile (obwohl im Gemeinschaftseigentum stehend) alleine aufzukommen hatte. Auch wenn in der Teilungserklärung z.B. die Isolierschicht dem Sondereigentum zugewiesen ist und aus diesem Grund diese Klausel nichtig ist, kann dies u.U. aber in eine Kostentragungslast hinsichtlich der Sanierungskosten des betroffenen Sondereigentümers umgedeutet werden (OLG Hamm v.13.08.1996 - 15 W 115/96, ZMR 1997, 193).

Die Kostentragungslast der betroffenen Balkon-Sondereigentümer für Sanierungskosten am Gemeinschaftseigentum kann grundsätzlich auch auf dem Beschlusswege nach § 16 Abs.4 WEG herbeigeführt werden. Auf Grund der daraus folgenden hohen Kosten für den einzelnen Eigentümer stellt die Rechtsprechung hieran jedoch erhebliche Anforderungen, sowohl in formeller, als auch in materieller Hinsicht. Eine Beschlussfassung, in der die Mehrheit der Gemeinschaft, den betroffenen Balkonnutzern gegen deren Willen die Sanierungskosten der Balkone auferlegt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens gerichtlich geprüft werden. Daher ist es für die Verwaltung unumgänglich, eine solche Beschlussfassung sehr gründlich vorzubereiten und auszuformulieren. Auf Grund dieser Anforderungen sollte dabei anwaltlicher Beistand eingeholt werden.



Wenderoth
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

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