Will der vermietende Wohnungseigentümer seinem Mieter kündigen, so ist dies im Allgemeinen nur zulässig, wenn sich der Vermieter auf ein „berechtigtes Interesse“ an der Beendigung des Mietverhältnisses stützen kann. Ein solches Interesse liegt gemäß § 573 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter seine mietvertraglichen Verpflichtungen nicht unerheblich verletzt hat oder der Vermieter sich auf einen der Eigenbedarfsgründe stützen kann. Letzteres liegt vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt, d.h. der Vermieter muss
• für die im Gesetz genannten Personen (Bedarfspersonen)
• Wohnraum (Bedarfszweck)
• in vernünftiger und nachvollziehbarer Weise benötigen (Bedarfsgrund).
Bedarfspersonen:
Nicht jede, dem Vermieter nahe stehende Person ist eine Bedarfsperson im Sinne des § 573 Abs.2 Nr.2 BGB, sondern nur der Vermieter selbst, seine unmittelbaren Familienangehörigen sowie Haushaltsangehörige. Als Familienangehörige kommt nur das enge Umfeld des Vermieters in Betracht, z.B. Eltern, Kinder, Enkel oder der Ehegatte. Die Rechtsprechung fordert, dass der Vermieter der Bedarfsperson gegenüber rechtlich oder moralisch zur Unterhaltsgewährung oder sonstiger Fürsorge verpflichtet ist. Zu den im Gesetz genannten Haushaltsangehörigen gehören die Personen, die seit längerer Zeit in enger Hausgemeinschaft mit dem Vermieter wohnen, insbesondere Lebenspartner, Au-Pairs und Pflegepersonen. Je weiter die Bedarfsperson familiär vom Vermieter entfernt ist, um so höher sind die Begründungserfordernisse für den Vermieter (vergl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 BGB, Rn 44 ff.).
Bedarfszweck:
Das Gesetz berechtigt den Vermieter nur zur Kündigung, wenn die Räume als Wohnung verwendet werden sollen. Dies bedeutet, dass die Bedarfsperson in der Wohnung den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse begründen muss. Ausgeschlossen ist daher ein Eigenbedarf für eine überwiegend geschäftliche oder freiberufliche Nutzung oder als Ferienwohnung. Selbst eine Nutzung als Pendlerwohnung kann problematisch sein (vergl. LG Hamburg, WuM 1994, 431).
Bedarfsgrund:
§ 573 Abs.2 Nr.2 BGB schreibt vor, dass die Bedarfsperson die Räume „benötigen“ muss. Daher ist die Kündigung nur dann berechtigt, wenn ein nachvollziehbares, schützenswertes Interesse an der Erlangung der Wohnung besteht. Dies ist nach dem Bundesgerichtshof nicht allein dann gegeben, wenn der Vermieter schlicht in der gekauften Eigentumswohnung wohnen möchte - erforderlich sind weitere schützenswerte Gründe (BGH, 20.01.1988 - VIII ARZ 4/87 - NJW 1988, 904). Die Gerichte haben hier eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, sodass jeder Vermieter sich zur Vorbereitung einer Eigenbedarfskündigung mit den relevanten Gründen vorher befassen sollte.
Ausschlussgründe:
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, wenn sie aus Gründen erfolgt, die schon bei Abschluss des Mietvertrags absehbar waren. In diesem Falle ist ein Vermieter grundsätzlich verpflichtet, den Mieter vor Abschluss des Mietvertrages auf den möglichen Eigenbedarf hinzuweisen oder einen befristeten Mietvertrag abzuschließen (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 BGB, Rn 137 ff.)
Wird die Wohnung erst nach der Überlassung an den Mieter in eine Eigentumswohnung umgewandelt (Umwandlung), beträgt die Sperrfrist nach § 577a Abs.1 BGB ab Veräußerung im Regelfall drei Jahre, die in vielen Städten(z.B. Berlin) auf 10 Jahre erweitert werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums darf der Vermieter nicht wegen Eigenbedarfs kündigen.
Liegt dagegen ein berechtigter Eigenbedarf vor, spielt es keine Rolle, dass die Wohnung bereits vermietet gekauft wurde und der Vermieter unmittelbar nach dem Erwerb kündigt. (BayObLG, vom 14.7.1981 - Allg Reg 32/81 – NJW 1981, 2197).
Formalien der Kündigung:
Viele Vermieter handhaben die vom Gesetz vorgeschriebenen Formalien der Kündigung sehr lax – und haben dann mit den negativen Folgen zu kämpfen. Oft wird nicht beachtet, dass der Erwerber einer Wohnung nicht vor seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch, kündigen darf, da er erst dann formell in die Rechtsstellung als Vermieter einrückt (LG Essen WuM 1990, 27).
Grundsätzlich muss das Kündigungsschreiben von allen Vermietern, also allen, im Grundbuch als Eigentümer eingetragen Personen unterschrieben sein. Weiterhin muss das Kündigungsschreiben beweisbar dem Mieter zugegangen sein: Ein einfaches Einschreiben beweist den Zugang nicht, nur die Absendung des Schreibens.
Hohe Anforderungen stellt das Gesetz bei der Begründung der Eigenbedarfskündigung: Gemäß § 573 Abs.3 BGB muss der Vermieter im Kündigungsschreiben das berechtigte Interesse, also Bedarfsperson und Bedarfsgrund, im Kündigungsschreiben erläutern. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nicht ausreichend begründet und deshalb unwirksam, wenn der Vermieter im Kündigungsschreiben nur angibt, dass er die Wohnung benötigen würde oder in der eigenen Wohnung wohnen möchte (BGH, 20.01.1988 - VIII ARZ 4/87 - NJW 1988, 904). Erforderlich ist die Darlegung eines nachvollziehbaren Sachverhalts (BayObLG, 14.7.1981 – Allg. Reg. 32/81 - NJW 1981, 2197), damit der Mieter Klarheit über die Rechtslage und seine Handlungsmöglichkeiten erhält (BGH, 16.1.2008 – VIII ZR 254/06 - WuM 2008, 233).
Kündigungsfrist:
Die Kündigungsfrist beträgt bei der ordentlichen Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 573c Abs.1 BGB drei Monate und verlängert sich nach fünf bzw. acht Jahren ab Mietbeginn um jeweils drei Monate, maximal kann die Kündigungsfrist also neun Monate betragen. Auch ein falsch angegebenes Beendigungsdatum kann für den Vermieter zu erheblichen Nachteilen führen.
Widerspruchsfrist:
Zwar widerstrebt es den meisten Vermietern, die Mieter auf die Möglichkeit des Kündigungswiderspruchs gem. § 568 Abs.2 BGB i.V.m. §§ 574 ff. BGB hinzuweisen, jedoch ist es fahrlässig dies zu unterlassen. Der Hinweis ist zwar keine zwingende Voraussetzung, jedoch kann der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses dann ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt, § 574b Abs.2 BGB. Dies gilt aber nur, wenn der Vermieter den Mieter auf die Form und die Frist des Widerspruchs hingewiesen hat. Fehlt der Hinweis, kann der Mieter seinen Widerspruch noch während des Räumungsrechtsstreites erklären.
Härtegründe:
Selbst wenn ein Eigenbedarf des Vermieters vorliegt, besteht noch keine Sicherheit, die Wohnung tatsächlich wirksam zu kündigen. Der Mieter kann nach § 574 BGB der Kündigung widersprechen („Härte - oder Sozialklausel“) und nach § 574a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf Zeit verlangen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Mieter geltend macht, dass sein objektives Interesse, die Wohnung zu behalten das objektive Interesse des Vermieters an der Erlangung der Wohnung überwiegt. Erforderlich sind aber auf der Mieterseite wirklich schwerwiegende, persönliche Umstände beim Mieter, z.B. fortgeschrittene Schwangerschaft, hohes Alter des Mieters oder schwere Krankheit (LG Hamburg WuM 1987, 223).
Fazit:
Die Zulässigkeitsgründe und die notwendigen Formalien der Eigenbedarfskündigung werden von ca. 50 Urteilen des Bundesgerichtshofs und der Berufungsgerichte bestimmt. In Anbetracht der hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung bei dieser Materie aufstellt, ist es fahrlässig das Kündigungsschreiben ohne Hilfe eines Profis zu verfassen. Bereits ein einziges vergessenes Wort kann ausreichend sein, dass nach Jahren die Räumungsklage abgewiesen wird und der Eigentümer auf knapp fünfstelligen Kosten hängen bleibt.
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Dienstag, 15. April 2014
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