Insbesondere wenn die Wohnungseigentümer anlässlich der
Beschlussfassung über die Jahresabrechnung mit Nachzahlungen konfrontiert
werden, stellt sich für viele die Frage, ob der Verwalter wirklich mehr Geld
ausgeben durfte, als ihm nach dem Wirtschaftsplan bewilligt wurde. Diese Frage
ist klar zu beantworten: Der Verwalter muss sogar mehr Geld ausgeben, wenn es
den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.
Zweck des Wirtschaftsplans ist es, aufgrund einer
vorläufigen Schätzung festzustellen, welchen Gesamtbetrag die Gemeinschaft zur
Lasten- und Kostenbestreitung im laufenden Wirtschaftsjahr benötigt. Durch die
regelmäßige Zahlung sollen dem Verwalter die für die Erfüllung seiner Aufgaben
notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen (OLG Hamm vom 3.1.2008,
Az. 15 W 240/07, ZMR 2009, 61). Demgegenüber werden in der Jahresabrechnung die
tatsächlichen, im Geschäftsjahr eingegangenen Gesamteinnahmen und geleisteten
Gesamtausgaben erfasst und gegenübergestellt; erst die Jahresabrechnung legt
bindend fest, welche Ausgaben als Lasten und Kosten der Gemeinschaft zu
behandeln sind (BGH vom 30.11.95, Az: V ZB 16/95, NJW 1996, 725). Der
Wirtschaftsplan beschränkt also nicht die zukünftigen Ausgaben der
Gemeinschaft, er greift dem Beschluss über die Jahresabrechnung des
entsprechenden Jahres auch nicht vor (Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 28 WEG, Rn
36).
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, wann und in
wie weit der Verwalter von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans abweichen
darf. Nach dem OLG Hamm (10.2.1997, Az: 15 W 197/96) handelt er Verwalter
zumindest dann ordnungsgemäß, wenn der beschlossene Wirtschaftsplan
entsprechenden Geldbeträge für die jeweilige Ausgabenposition vorsieht.
Dasselbe gilt, wenn die Wohnungseigentümer-gemeinschaft als selbstverständlich
davon ausging, dass der Verwalter die entsprechenden Ausgaben tätigte und
insbesondere für Aufwendungen, die der Verwalter in Notfällen für erforderlich
halten musste und eine Beschlussfassung aus Zeitgründen nicht abgewartet werden
konnte (vergl. BGH vom 21.10.1976, Az: VII ZR 193/75, NJW 77, 44).
Der Verwalter ist also immer dann berechtigt und sogar
verpflichtet, von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans abzuweichen, wenn die
entsprechenden Mehraufwendungen nach dem Maßstab der ordnungsgemäßen Verwaltung
objektiv erforderlich waren. Davon ausgenommen sind jedoch Sonderumlagen und
die Instandsetzungsrücklage, da diese beiden Positionen streng zweckgebunden
sind. Insbesondere darf die Instandsetzungsrücklage nicht zur laufenden
Liquiditätssicherung verwendet werden und auch die Sonderumlage ist nur zur
entsprechend dem bei Ihrer Beschlussfassung zu Grunde gelegten Inhalt zu
verwenden und abzurechnen. Eine Umwidmung von Sonderumlage und Teilen
der Instandsetzungsrücklage durch Beschluss der Gemeinschaft ist jedoch möglich
(Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG-Kommentar, 10.Aufl, § 21,
Rn 125, § 28, Rn 34ff., 92). Waren
Ausgaben nach dem Wirtschaftsplan nicht vorgesehen, genehmigte die
Wohnungseigentümergemeinschaft aber die Jahresabrechnung, die diese Ausgaben
enthält, wird hierin eine nachträgliche Genehmigung der Verwaltertätigkeit zu
sehen sein (vergl. OLG Hamm, 10.2.1997, Az: 15 W 197/96).
Die Abweichung von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans kann
für den Verwalter ein Risiko darstellen, insbesondere kann er bei schuldhaften Pflichtverstößen der Gemeinschaft auf Schadensersatz haften. Es kann aber sogar seine Pflicht sein, Mehrausgaben im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung zu tätigen,
insbesondere in Notfällen.
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